Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 28. April – 4. Mai 1930


Stunde später brüllte ich vor Schmerzen. Cary benahm sich wie
ein Engel, liess zur Vorsicht auch den Assistenten Popper kommen, der
alle Verordnungen gut fand. Carry schlief bei mir. A. habe ich nicht
verständigt.

Als er heute Früh wie gewöhnlich anrief sagte ich ihm erst von mei¬
ner Erkrankung, ohne ein Wort über den Grund, der sie ausgelöst hat.
Ich liege heute noch, denn ich bin sehr müde. A. Vormittag bei mir,
las mir einen Brief Arnoldos vor, der vom 3.-16.Mai Urlaub hat und
ebenso gerne hier wie wo anders ein Zusammentreffen will. A. sagt:
»Hier natürlich«. Musste ich erst krank werden, damit er so viel
Einsicht hat. Ich äusserte darüber keine Silbe.

Die Anwesenheit der O. wird gewiss kein Vergnügen sein, aber alles
besser als A. mit diesen Menschen wo anders zu wissen. Heini kommt bestimmt viel lieber
nach Wien.

30.4. Kino. »Die Nacht gehört uns«. Der beste Tonfilm bisher. Und
doch eigentlich blöd und unerträglich. Nachher Meisl und Schadn. Un¬
persönliche Konversation. Nachmittag Gisela Berger.

1. Mai. A bei mir Radio zugehört. Dann Meisl genachtmahlt. Oed wie immer jetzt.
Ich frage mich, wie das weiter werden soll.

3. Mai. Arnoldo hier. Vor dem Nachtmahl mit A. im Kino »Warschauer
Zitadelle«. O. telegraphiert, dass sie Dienstag kommt und wünscht
morgen telefonischen Anruf. Wozu?? Ich vermute, dass entweder Heini
doch Urlaub bekommt, oder dass sie Aufenthalt am Semmering vorschla¬
gen will. Vederemo.

4. Mai. Also O. kommt Dienstag und Donnerstag fährt A. mit der durch¬
gegangenen und geschiedenen Gattin und den übel beleumundeten Schwie¬
gersohn auf den Semmering.

Ich habe nicht ein unfreundliches Wort erwidert, aber ich werde ihm