Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 18.–26. April 1930


Was muss sich Werfel denken?

Ostern. Von A. riesigen wundervollen Fliederbaum. Sehr lieb, sehr
schön, aber wieviel lieber wäre mir ein wirklich gutes Wort.
Spaziergang, Kino, Restaurant.

21.4. Ostermontag. Seit gestern herrliches Wetter. Mittag Harry in
einem giftgrünen neuen scheusslichen Anzug. Erwarte A. zum Nachtmahl.
Gestern Osterbeilage Beginn meiner Novelle »Ueber Nacht«.

22.4. Gestern unerquicklicher Abend trotzdem A. viel besser aussieht.
irgend etwas geht in ihm vor. Vielleicht um Zusammenhang mit dem be¬
vorstehenden Familienbesuch. Sein Wesen atmet Unaufrichtigkeit und
Gereiztheit aus. Wir sassen stumm einander gegenüber. Er erklärte,
man muss nicht immer Konversation machen. Traurig genug, wenn es
nichts anderes ist. Schliesslich ging ich zu ihm, legte meinen Arm
um seinen Hals. Darauf meinte er lächelnd: »Ja – du kannst wirklich
auch einmal zuerst zu mir kommen.«

24.4. Gestern Abend »Lamm des Armen« von Zweig. Interessantes Stück,
wenn auch Dialog ohne dichterisches Niveau. Habe sehr gut ausge¬
sehen. Auch A. stellte es fest. Im übrigen kühl und verschlossen.
Er war gestern bei Dr. D. Sein Blutdruck normal. Gottseidank.

25.4. Friedas Reden entnehme ich, dass er ein Zusammentreffen mit
Arnoldo, O. und Heini an einem andern Ort plant. Er soll nur. Wenn
er das tut wird sich manches ändern.

26.4. Gestern Abend bei Frau Czapo, resp. Sil Vara. Müller-Fülöp und
Frau, Lothar und Frau. Ich sah gut aus, redete wie ein Wasserfall und
kokettierte mit M., hauptsächlich, um meine Fähigkeit in der Richtung
festzustellen. Heftige Debatten mit Lothar über Tonfilm etc. Er
spricht sehr begeistert über A., offenbar um sich wegen seiner bös¬