Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 26. Februar – 9. März 1930


Stück von Auernheimer »Drei Damen im Kongress«. Dann Imperial. Man
macht Konversation.

27.2. Gestern Abend Otto, Emmi, Harry zum Nachtmahl. Am Nachmittag
telefonierte A., er möchte auch kommen, offenbar um mir eine Artig¬
keit zu erweisen. Ein wirklich liebes Wort wäre mehr.

28.2. A. sagt über meinen Bruder Otto, er kenne keinen Menschen, der
so von Güte strahlt. Das ist wahr.–Harry war auch ganz lieb.

1. März Gestern Abend bei A. mit Hofrätin Z. zusammen.

2.3. Otto an einer Nierenentzündung erkrankt, fühle, dass ich nicht
mehr fähig bin eine Aufregung, einen Schmerz zu ertragen. Als mir
Martha von der Möglichkeit einer Operation sprach fiel ich fast
zusammen.

3.3. Ueber viele Tränen wieder mit A. in eine bessere Beziehung ge¬
langt. Auch Ottos Befinden besser.

4.3. Bei A. Mit Anni, Ferri, Dr. Hans Schnitzler und einer kleinen dä¬
nischen Filmschauspielerin bei A. zum Nachtmahl. A. elend ausgesehen,
über unerträgliche Müdigkeit geklagt. Mit Ferri am Heimweg über A.'s
Zustand gesprochen. Ich finde seine Auffassung und Behandlung un¬
richtig. »Ein alter Mann, den man möglichst viel schlafen lassen soll«.
Mein Gott, mit 67 ist man doch kein Greis!

6.3. Langsam ringt man sich wieder zu einer sanften Zärtlichkeit
durch. Wahr ist, dass ich ihn sehr lieb habe, aber tiefe Schatten
hängen über dieser Beziehung. Otto Gottlob ganz gesund.

9.3. Nach langer Zeit Sonntags-Spaziergang mit A. Dann zu Tisch bei
ihm. Abend A. bei mir. (Radio »Götterdämmerung«). Er schläft immer