Wien, 7.1.1930.
An A.S., Berlin.
Liebster,
auf Deine Zeilen vom 6. kann ich nur wenig erwidern. Es
bedarf wahrlich keiner Rechtfertigung oder Entschuldigung, dass Du
länger ausbleibst, als ich mir dummer Weise eingeredet habe. Es wäre
der grösste Fehler auch nur einen Tag kürzer in Berlin zu sein, als
es Dir Bedürfnis ist. Niemandem wäre damit geholfen.
Alles spricht dafür einen Aufenthalt auszudehnen, der
Dir Freude, Belebung und jene Atmosphäre zu begeben vermag, die Du nötig
hast, Dir wohl tut und Dir hier so offensichtlich fehlt.
Auch hier ist meist frühlingshaftes Wetter. Immerhin ein
Gewinn. Meinen Expressbrief vom 4. hast Du wohl erhalten, wenn Du
ihn auch nicht erwähnst, – Hauptsache ist, dass Du Dich endlich erholt
fühlst. Ich freue mich sehr darüber und wünsche Dir vom Herzen alles
Gute und Schöne.
Entschuldige, dass ich am Telefon letzthin etwas gereizt
war. Meine Stimmung war durch mancherlei vorbereitet das breit zu
treten sich nicht verlohnt.
Es umarmt Dich Deine
Cl.K.