Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 9. Januar 1930

Berlin, 9.1.1930.

Mein Liebes, bitte nicht missverstehen: Ich habe gesagt, dass mir die
Atmosphäre (die aus fremder Stadt, fremdem Klima, anderer Tageseintei¬
lung und einigen näher und recht viel fernen, aus gleichgiltigen und
interessanten Menschen besteht) mir wohltut – keineswegs immer wohl¬
tun würde; – aber als Abwechslung im oberflächlichen und tieferm Sin¬
ne gewiss gesund für mich ist. Und nebstbei ist meine Anwesenheit
hier nicht unnützlich, um nicht zu sagen notwendig- und nicht für mich
allein (soweit es eben Notwendigkeiten gibt). In den letzten Tagen
allerdings stellt sich wie nach etlichen Hoteltagen, insbesondere im
Winter in Berlin allerlei körperliches Unbehagen, insbesondere stunden¬
lange Kopfschmerzen ein; wohl mit der Heizung im Zusammenhang.-

Einige schöne Theatervorstellungen wären zu erwähnen, ausser dem Kai¬
ser von Amerika – Vom Teufel geholt (Hamsun) mit der Höflich.
Ich sah wieder, wie wunderbar sie die Bildhauerin hätte spielen können.-
Aber diesen Leuten fehlt halt die Beziehung zu mir. Weit und breit
(ausser Frankfurt a. M., wo der Lepoldstädter Wiener Helmer Direktor
ist) interessiert sich keine Bühne für das »Spiel«. Herr Dr. Maril,
unfähig wie immer, hat das Stück ohne meine Erlaubnis dem Schiller¬
theater angeboten (wo man es ebenso gut spielen könnte wie in einer
Automobilhalle). Ueber die Jessner-Sache und alles was damit zusam¬
menhängt, mündlich; an das Gastspiel Heini-Wien glaub ich noch nicht
recht, da die Vorschläge Beers unrealisirbar und keineswegs vortheil¬
haft scheinen. – Klein ist noch in Arosa; – selbstversändlich besteht
keinerlei Grund für mich ihn abzuwarten. Hingegen soll ich hier eine
Phonogrammplatte sprechen, ich erwarte den Besuch des betreffenden
Herrn. (Aehnlich wie die Thomas Mann-Platte, die durch Radio verbrei¬
tet wurde).

Zwei Tonfilme, die ich hier sah, fand ich gleichermassen unerträglich.

- Ein Interview, sowie eine Zeichnung (fürs Berliner Tagblatt) hab ich