Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 2. Januar 1930

Berlin, 2-1-1930–

Mein Liebes, eben erst 9 Uhr Früh ist Dein Brief vom 30.12. mit
Einlage gekommen. Dein Schreiben an B. finde ich sehr gut und auch
gegen den Aufsatz über die Generalproben ist nichts einzuwenden, er ist
klug und wirksam (nicht vielleicht in dem Sinn, als wenn er die ge¬
wünschte Wirkung erzielen müsste); – einige Kleinigkeiten wären viel¬
leicht zu corrigieren, Seite 3 Zeile 9 von unten »und wurde dadurch nicht
weniger berühmt« liesse sich misverstehen, als würde er durch sein
Lächeln erst recht berühmt. Es muss ungefähr heissen: Und lächelte
über die kleine Intrigue, die seinem Ruhm oder seinem Werk weiter nicht
schadete. – Ferner Seite 4,5.Z. »Und wer wüsste es nicht, wen man so
nennen darf« ist stilitisch unrichtig. Es sollte ungefähr heissen: Und
wie wenige haben das Recht sich Freunde zu nennen. (Oder der ganze Satz
liesse sich entbehren). Dann am Schluss wäre besser statt: So und noch
mehr. "Dies und noch manches andere predigt Buddah.[«] Aber wie wenigen
sind solche Augen beschert. Pseudonym »Bob« wäre vielleicht ganz ver¬
nünftig und wenn F.S. die Sache bringt, ist es für die Verbreitung
wahrscheinlich besser als »Allgemeine«. Das wesentlichste, was von
hier zu berichten ist, sind Engagementssorgen von Heini, die mit
der wieder schwankenden position von Jessner zusammenhängen. Am Syl¬
vesterabend hat J. zwei Novitäten gegeben, am Schauspielhaus
sowohl als am Schillertheater, beide sind arg durchgefallen; – in der
nächsten Novität hat Heini keine Rolle; Wahrscheinlichkeit eines Ab¬
baus in beiden Theatern. Nun folgt morgen eine Besprechung zwischen
uns, Heini, Horch. Reinhardt interessiert sich ernstlich für Heini – wir
wissen, was von solchen »Interessen« zu halten ist. Das Gastspiel bei
Beer im März soll stattfinden – doch hat man sich über die Rolle noch
nicht geeinigt. Die Affaire Dreyfus (von Rehfisch und Herzog, die
hier ein grosser Erfolg war) ist nicht unwahrscheinlich. Ich habe hier
Beer vor seiner Abreise gesprochen. Ruth hat jetzt überhaupt kein En¬
gagement und vorläufig keine rechte Aussicht – was diese ganze Ange¬