Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 22.–29. Dezember 1929

Gestern Abend Première »Spiel der Sommerlüfte". Grosser, herzlicher Er¬
folg. Mit Carry und Magda in einer Loge. A. bis zur Mitte des 2. Aktes
bei uns, nach Schluss Jubel, besonders des Galeriepublikums. A. unzählige¬
male hervorgerufen. Ich holte ihn nach der Vorstellung bei der Bühne
ab. Ein Stückchen zu Fuss in der schönen Winternacht. Dann mit Auto zu
ihm in die Sternwartestrasse. Er sehr befriedigt und animiert. Liebe¬
voll-freundliches Zusammensein, aber doch ohne wirkliche Wärme.

23.12. Bei A. Trotz des Erfolges sehr nervös. Gespräche über seine Ab¬
reise und beiderzeitige Gereiztheit.

24.12. Weihnachtsabend. Mittag Herry. Gegen Abend Carry und Magda auf
einen Sprung. Dann ich auf etwa eine Stunde zu A., der um 8 Uhr zu sei¬
nem Bruder fuhr. Ich allein zuhause.

26.12. A. Mittag bei mir. Anflug von Zärtlichkeit.

27.12. A heute um 6.20 nach Berlin. War Mittag bei ihm. A. schreck¬
lich nervös. Ich schlage vor ihn zur Bann zu begleiten, er lehnt es
heftig und unwirsch vor Frieda ab. Kaum ist sie fort, schlägt er selbst es mir
vor. Wir kommen 1½ Stunden zu früh an die Bahn, sitzen erst im
Restaurant, dann geht er eingehängt mit mir am Perron auf und ab. Ich
muss mir auch seinen Schlafwagen ansehen. Viel Ungesprochenes bleibt
zwischen uns. Wenn er wüsste, wie ich mich gesundheitlich um ihn sorge,
von allen andern brüben Gedanken abgesehen.–-

28.12. Gemütlicher Tee bei mir mit Hermine, Pauli, Hans und Gattin, Carry und
Magdi und Herry. Erste Begegnung Herry mit Magda seit ihrem Bös¬
sein. Sie sehr kindisch und er ein ewiger Lausbub.

29.12. Kurzer Anruf aus Berlin, offenbar um sich einen Brief zu erspa¬
ren. Er war gestern nach der Ankunft Mittag und Abend bei O. mit Ar¬
noldo Heini und Ruth beisammen.