Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 1.–3. November 1929


Roman »Die Schönheit der Constanze« in der Neuen Freien Presse begon¬
nen.)

2.11. Schrecklich trauriger Abend bei A. Er sagte: »Wenn ich nur wüsste,
dass ich gleich tot bin, aber vielleicht gelähmt oder blind.« – Diese
fortwährenden Todesgedanken und Angstgefühle sind eine Krankheit. Melan¬
cholie von 8-12 Uhr. Über Nacht.

3.11. Wieder mit Dr. D. gesprochen, ihm gesagt, es muss etwas für A. ge¬
schehen.

Begegnung mit Paula Beer-Hofmann, mit der A. in Marienbad zusammen war.
Nach den ersten Worten: »Er hat so gut ausgesehen und war so lieb. Ich
hab mich nur geärgert, dass er so oft zu der Bestie (O.) hinübergefahren
ist und immer hat er sich den Kopf zerbrochen, was er ihr mitbringen
soll.« Ich darauf: »Ach, das ist ganz belanglos, ich habe ihn bis Nürn¬
berg begleitet und die drei Wochen in der Schweiz waren wundervoll« (in¬
nerlich war mir ganz übel). Sie: »Nun, er schien doch wieder fasciniert
von der O., sagte, sie sieht blendend aus, um 10 Jahre verjüngt, sich sei ver¬
blüffend klug« – etc.–Warum erzählt mir das eine Frau wie die Paula
Beer-Hofmann? Aus Bosheit? Um mich zu warnen?

Ich erzählte ihr, dass A. immer wieder betont, die O. zähle als Frau über¬
haupt nicht für ihn. Zusammenhänge nur durch die Kinder. Aber wie mir
innerlich zumute ist!

Am Abend letzthin mit Alma, Werfel, Hofrätin bei A. Als A. einen Augen¬
blick aus dem Zimmer ging, sofort aggressive Bemerkungen über die O. Ich
kam übrigens nur auf dringendes Zureden von A. Alle waren sehr lieb zu
mir.

Ueber das Gespräch mit Paula sage ich jetzt kein Wort. Ich will ihn nicht
aufregen. Aber wenn er so wohl sein wird nach Berlin zu fahren, dann werde
ich reden.