Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 25. Oktober – 1. November 1929


sichtlich fern.

26.10. Ich habe durch Frieda den Dr. Donath anufen lassen, da mich der
Zustand A.'s immer mehr beängstigt. Ich versteh diese Familie nicht,
die sich so wenig um seine Gesundheit kümmert. Seit einigen Tagen be¬
hauptet A. einen Schatten vor dem linken Aug zu haben. Ich halte alle die Symptome
für eine beginnende Arteriosklerose.

28.10. Gestern zum Nachtmahl bei A. mit Dr. Donath und seiner Frau,
(eine Folge meiner Intenvention). Dr. Donath wie zufällig daraufhin Besuch
bei A. herbeigeführt. Langes Gespräch mit A. während ich mit der Frau
plauderte. A. spielte mit seiner Nichte nach dem Abendessen vierhändig.
Das Ehepaar begleitet mich dann bis vor meine Türe. Sie finden A. elend
aussehend und seinen Nervenzustand sehr schlecht. Ich frage, ob es nicht
doch Arteriosklerose ist. Dr. D. behauptet nein. Heute soll A. zu Prof.
Sachs (Augenarzt) gehen.

A. in furchtbarer Aufregung vor dem Besuch bei Sachs. Ich schlage ihm
vor ihn wenigstens bis hin zu begleiten. Er nimmt an.
Ich sollte ihn dann beim Zuckerbäcker Sluka erwarten, aber ich blieb vor
dem Haustor bis er zurückkam. Eine kleine Blutung in der Netzhaus an¬
geblich – ganz unbeträchtlich.

Gespräch mit Dr. D. hinter dem Rücken von A. Es sind doch Symptome von
Arterioskleroe. Brüchigkeit der Gefässe. Vielleicht wird man einen Ader¬
lass machen, wie Sachs rät.

Ich hatte in der Nacht vom 28. zum 29. Oktober einen merkwürdigen Traum
von meinem Tod. Heute in 10 Jahren.

31.10. Gestern Abend A. bei mir. Im Radio Requiem von Verdi. Ich muss
immer aus dem Zimmer gehen, damit A. nicht sieht, dass ich weine.

1.11. Gestern Abend Otto und Emma bei mir. (Am 28. hat übrigens mein