Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 24.–25. Oktober 1929

24.10. Lange nicht eingeschrieben aus Mangel an Lust irgend etwas fest¬
zuhalten. Befinden A.'s nicht gut. Laune durch die ewigen Missstimmun¬
gen und Melancholien von A. auch sehr beeinträchtigt. Finde ihn auch
schlecht aussehend. Heute seit einer Woche der erste schmerzfreie Tag
für mich. Sonst immer Schmerzen in der Gallengegend, Gefässkrämpfe,
Störungen etc. Nehme auf Anordnung des Arztes kohlensaure Bäder, Rekre¬
sal. (Von Carry vorgeschrieben).

Letzthin Abend bei A. mit Felix Salten und Gattin. Sie hatten ihn und
mich eingeladen, da aber A. erkältet ist, wurde das Fest in die Stern¬
wartestrasse verlegt. F. S. erzählte amüsante Geschichten aus dem
Reinhardtkreis, eine saubere Gesellschaft.

Das Ehepaar begleitete mich dann nach Haus und sofort gab F. S. seiner
Empörung Ausdruck, dass A. in Marienbad war, um die O. in F. zu besuchen,
und schimpfte über die O. in allen Tonarten. Ich verteidigte Arthurs Vor¬
gehen. Was ich mir denke werde ich den Leuten nicht sagen.

Mit A. sehr viel in dieser ganzen Zeit zusammen, nahezu täglich und oft
zweimal im Tag. Aber alles in Depression und Schwermut eigentlich.

Harry entlobt, ich habe die Braut nie gesehen, wie ich es vorausgesehen
hatte. Vielleicht werden die Erfahrungen mehr nützen als meine Worte,
die ich an ihn verschwende. Diesmal hat sie ihm abgeschrieben, weil er
ihr zu brutal ist.

25.10. In der Früh ruft mich A. an, um mir mitzuteilen, dass Alma ihn
telefoniert hat um ihn für heute Mittag einzuladen. Ich bin nicht einge¬
laden. Die Leute wissen eben immer noch nicht wie sie sich mir gegenüber
zu verhalten haben. Es wird niemand einfallen Werfel ohne Alma einzu¬
laden, weil er sich eben ganz zu ihr bekennt. Für einen der nächsten
Tage hat A. Beer-Hofmanns, ihn, Gattin und Sohn zu Tisch gebeten, mich
nicht – obwohl ich sie wahrlich lang genug kenne. Er hält mich ganz ab¬