Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 8.–12. September 1929


wertvolle Gespräche. Mit Schinnerer getanzt.

9.9. Liebevoller Morgen. Abschiedsstimmung. Noch immer keine definitive
Entscheidung von O.

Telegramm: Sie fährt nach Franzensbad. 5. Programm! Kein Wort, dass sie ihn
erwartet. A. telegraphiert an Heini, ob er sie dort besuchen soll oder
nicht. Um 10 Uhr abends Anruf aus Berlin, der dann wieder abgesagt wird.
A. sehr enerviert. Ich bin sehr lieb zu ihm.

10.9. Enervierte Stimmung. Mir ist sehr mies, aber ich trachte nur ihn
in Ruhe zu erhalten.

11.9. 6 Uhr Früh. Gestrige Fahrt nach Zürich leidlich. In Olten Schinne¬
rer Abschied genommen, der über Berlin nach Amerika zurückfährt. Ein lie¬
ber Mensch.

In Zürich schlechte Zimmer im Hotel National. Im Hotel Gotthard Telegramm
von Heini abgeholt »Besuch wird Mutter sehr freuen«. Im Baur au lac
Telegramm Doras abgeholt. Besuch bei O. wünschenswert. Dann Reisebureau
wegen Zugsverbindung. Zum Telegraphenamt. An Heini, Dora, Olga und ver¬
schiedene Hotels telegraphiert. Zur Bahn Gepäck aufgeben nach verschie¬
denen Richtungen. Schliesslich ins Gotthard zum Nachtmahl ich mit einer
Migräne, wie noch nie in meinem Leben. Ich kann nicht sprechen, keinen
Bissen essen, obwohl ausgehungert und übermüdet.

Reisebestimmung: Wir fahren nach Nürnberg. Er von dort aus nach Marien¬
bad, von wo aus er die O. besuchen wird, -ich nach Wien.

12.9. Nürnberg. Um 12.30 von Zürich gestern abgefahren, A. kühl, nimmt
mir meine Verstimmung, die jeder Mensch begreifen würde, übel, anstatt sie
mit ein paar lieben Worten zu beseitigen.

Ich finde es ja begreiflich, dass er die O. besucht, da sie wirklich krank