Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 17.–19. August 1929


sitzen lassen und Lola heiraten kann. Es ist zum Irrsinnigwerden. Er er¬
klärt, ich zwinge ihn Mädi zu heiraten dadurch, dass ich sage, ich zahle
nur die Schuld, wenn er dann ein Anderer wird und nicht wenn es darum
geht ein Frauenzimmer wie die Lola zu heiraten. Habe Otto einen Anhang
zu meinem Testament geschrieben.

Heute Mittag bei A. Brief von O. ist gekommen, sie möchte ihn sehen.
Er will eventuell auf der Rückfahrt von der Schweiz zu ihr nach Meran.
Da soll ich mich auf die Reise freuen! Ich versuchte ihm das plausibel
zu machen, aber ich stiess sofort auf Unverständnis und masslose Aufre¬
gung.

Nach einiger Ueberlegung Carry verständigt, dass ich im Oktober die 350
S. für Herry zahle, wenn er sich entlobt, um ihn zu dieser Heirat nicht
zu zwingen, wie er sich ausdrückt. Aber dass ich mit ihm fertig bin.

18.8. Reisevorbereitungen. Einpacken ohne jede Lust. Gestern Nachm. Anna
bei mir.

Soll heute gegen 9 Uhr zu A. Fürchte mich beinahe. Nur keine Auseinan¬
dersetzungen. Wozu? Er soll tun, was ihm angenehm ist und ihm richtig
scheint und sich nicht wundern, dass ich nich strahlend aufgelegt bin.

19.8. Natürlich Aussprache oder richtiger Szene durch A. provoziert.
Die Meraner Reise oder richtiger meine Einstellung muss vor unserer
Abreise von hier klar sein. Ich antwortete, es sei ganz klar und kein
Grund darüber zu reden. Er soll tun, was er will und sich nur nicht wun¬
dern, wenn meine Stimmung nicht die beste ist. Sie werde sich ja hoffent¬
lich in ein paar Tagen bessern und ich wieder Herr meiner Nerven sein.
Das genügte ihm nicht; ich muss verstehen, dass er zur O. fährt, dass
er den Geburtstag seines Kindes mit ihr verbringen will. Ich sei schwach¬
sinnig, vertrottelt etc. Wirft sich auf den Divan. Schliesslich schreie
ich: »Ja, ja, ich verstehe, ich begreife, du musst zur Olga, ich verstehe