Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 28. Juni 1929 – 4. Juli 1926

28.6. Eben mühsam aufgestanden. Bisher fieberfrei, aber Befinden flau.

Besonders lieber Brief von Mädi. Ausser Cary (hie und da) hat mir noch
nie ein Kind so herzlich geschrieben.

Ach wenn wir hier nur noch 2–3 schöne Tage hätten. Ich fühle mich A. gegenüber
so schuldig durch dieses ewige Kranksein. Er sieht gottlob sehr gut
aus, aber heute klagte er wieder über diese Unsicherheit in der linken
Seite (Unruhe weil Heini schreibt, dass er auch Angina hat).

29.6. Heute erster Autoausflug nach Mürzsteg bei Sonnenschein. Zärtlich¬
ste beste Stimmung. Gemütliches gutes Mittagessen im Adler. Bei Heim¬
fahrt leichtes Unbehagen, zuhause wieder 37.4. Es ist zu dumm. Von Heini
gottlob gute Nachrichten.

30.6. Ein wenig in der Sonne gesessen, Mittag unten zu Tisch. Flaues Be¬
finden. Nachm. wieder Bett. So geht dieser Aufenthalt zu Ende. Ich bin
glücklich A. erholt zu sehn. Ich sehe sehr reduziert aus.

1.7. Wieder in Wien. Nachm. gegen 6 angekommen, gleich zu Bett, Temp. 39.3.
Kinder bei mir. Cary verordnet Dunstumschläge, Eibischthee, Beobachtung
durch 2 Tage.

Sehr bewundernden und anerkennenden Brief eines Hofrat Priquet vorge-
funden. Kleiner, lächerlicher Ausfall gegen A., um mich auf seine Kosten
zu loben. Ahnt nichts von unserer Beziehung. Werde ihm entsprechend ant¬
worten. Mein Befinden und Stimmung gedrückt.

3.7. Gestern ganzen Tag zu Bett. Halsschmerzen. Temp. 37.2. A. zweimal bei
mir. Mich mit seinem Hals-Spiegel untersucht. Stimmung flau. O. hat in
der Früh angerufen, sie ist in ärztlicher Beobachtung. Myom, von dem A. seit
10 Jahren wiss. Möglicherweise Operation. Wozu erzählt sie ihm das?
Wahrscheinlich will sie wieder eine Zusammenkunft. Fühle ihn präokkupirt.

Ueber Herry Aergerliches gehört.

4.7. Noch immer Temperatur. Viel in der Sonne gelegen. Mittag Otto, Cary,