Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 21.–26. Juni 1929


sellschaft hat. Raoul Auernheimer, mit dem wir am ersten Abend, als ich
schon fieberte, zusammen sassen, gestern Werfel und ein Filmmensch, mit dem
es aber zu keinem Abschluss kam. Heute Herr Schinnerer aus New York,
der ein Buch über A. schreibt.

22.6. Mehr Fieber und neuen Belag. Fühle mich elend. Bin froh, dass A.
den Herrn Schinnerer hat. Er war Vorm. mit ihm am Pinkenkogel und ist
überhaupt so fesch und frisch wie seit einem Jahr nicht. Liege stun¬
denlang allein, starre vor mich hin, habe arge Kopf- und Halsschmerzen
und kann nicht einmal lesen. Mein einziger Trost, dass A. der Aufent¬
halt sichtlich gut tut.

Habe mir eine Novelle erzählt, die ich nur niederzuschreiben brauche.
Ganz lebendig ist sie mir geworden. Nur schon gesund sein!

23.6. 5 Uhr Nachm. Eben für 2 Stunden aus dem Bett gekrochen, ich sehe
elend aus.

24.6. Fröhlliches Mittagessen mit A., Frieda, die für 2 Tage heraufkam,
und Prof. Schinnerer, der ein besonders netter Mensch ist. Nachm.
mit Frieda in der Halle getratscht. Am Abend alle zusammen im sogenann¬
ten Bauernstüberl genachtmahlt. Ich fühle mich noch recht schwach.
Alle fanden mich trotzdem hübsch und A. ist sehr lieb zu mir.

25.6. Heute Vorm. den ersten kleinen Spaziergang und im Panhans gegessen.

Mit 37.7.heimgekommen, den Abend im Bett verbracht. Zu dumm.

26.6. Vorm. Ein wenig in der Halle. Abschiedessen mit Frieda und Schin¬
nerer, die um 3 Uhr abreisten. Dann wieder mit Temperatur 37.3 zu Bett.
Schinnerer hat schon die Hälfte meiner Novelle »Die Tochter des Hauses«
gelesen, findet sie ausgezeichnet, will sich überhaupt um meine Arbeiten
in Amerika kümmern.

Das Fieber steigt wieder. Ich fühle mich elend. Wenn ich nur A. keine
Scherereien mache.