Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 23.–26. Mai 1929


A. hinüber den Arnoldo erwarten. Und morgen die O.! Sie wird diesmal
im Cottagesanatorium wohnen. Es war nirgends sonst ein Zimmer zu haben.
Angeblich bleibt sie höchstens 5 Tage. Wären sie nur schon vorbei!

24.5. Vormittag Stadt. Nachmittag kam A. herüber, da ich auf seinen
Wunsch verschiedene Radiotypen herbestellt hatte. Er will einen An¬
schluss in meiner Wohnung. Ich persönlich habe für Radio nichts übrig.
Die O. glücklich eingetroffen. A. behauptet ganz harmlose Gespräche.

Am Abend Egon und Emmi bei mir. Zum ersten Mal auf der Terrasse genacht¬
mahlt. Morgen beginnt meine Novelle in der Neuen Freien Presse.

25.5. Vormittag Stadt und bei Hedwig im Bureau. Zu Tisch Harry und
Fredi, um 4 Tante Clara. Um 6 zur Eröffnung des Hagenbundes, wo Fredi
8 Bilder ausgestellt hat. Ich hoffe, er wird diesmal eine gute Kritik
haben. Viele Leute gesprochen und selbst gut ausgesehen.

Sonntag, 26.5. Eben ½12 ist A. mit der O. im Auto vorbeigefahren. Arnoldo
scheint neben dem Chauffeur gesessen zu sein. Ich konnte es in der
Aufregung des Augenblicks nicht feststellen. Trotzdem ich eigentlich
die Veranlassung dieser Spazierfahrt war wurde mir momentan fast übel.
Als A. mir gestern sagte, dass er bei gutem Wetter mit mir einen kleinen
Spaziergang machen will, meinte ich, er soll sich die paar Tage nicht mei¬
netwegen den Kopf zerbrechen und mit Arnoldo und O. spazieren fahren.
Er antwortete: »Du hast vielleicht recht, daran hab ich noch gar nicht
gedacht.« Sie sieht übrigens mies und jüdisch aus trotz der schwarzen
Kleidung, provinzlerisch und als er heute Früh um ½10 bei mir war, war
er von stürmischer Zärtlichkeit und sagte, er möchte am liebsten schon
im Juni eine Reise mit mir machen. Wie schwer und verworren ist das
alles.

Am Abend A. eine halbe Stunde bei mir, weil »Freiwild« im Radio war. Er
fand das Stück sehr schlecht und sagte, er schäme sich, dass es so viele
Menschen eben mitanhören