Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 16. Mai 1929


mutet stattgefunden wurde flüchtig erwähnt, und dass die Reise an den
Wörthersee unterbleiben dürfte. Ich stellte keinerlei Frage.–Um keine
allzu zärtliche Stimmung aufkommen zu lassen (Verbot Dr. Donath) spielen
wir Worterraten. Einmal im Eifer des Spiels sage ich ihm Du, während
Minna im Zimmer ist und korrigiere es erschreckt mit einem Sie. Herzliches
Gelächter von allen Seiten. Es passiert mir jetzt leicht mich vor Andern
zu versprechen, weil wir doch so viel beisammen sind.

Heute Vormittag bei Dr. D. gewesen nach vorheriger Anfrage, um über A.
mit ihm zu sprechen. Er sagte mir, er habe schon längst erwartet, dass
ich ihn aufsuche. Anscheinend sehr netter ehrlicher Mensch, versichert
mir, A. sei organisch vollkommen gesund, nur psychisch sehr labil. Ob
leichte Streifung, wie ich fürchte, statt gefunden, lässt sich nicht fest¬
stellen. Jede Aufregung muss vermieden werden. Ich sage ihm, dass ich
mein Möglichstes tun will, aber er soll nur vermeiden, dass A. mit O.
und Arnoldo irgendwo allein beisammen ist, da ich ihn diesen Beiden unter
keiner Bedingung ausliefere. Er ist ganz meiner Ansicht. Wenn A. an den
Wörthersee fahren sollte, muss Frieda mitgehen. Ich sagte ihm auch, dass
wenn Arnoldo, O. und Heini demnächst herkommen (was auch möglich ist),
dann will ich sogar für ein paar Tage fortgehen, um die Situation zu er¬
leichtern. Er sagte für mein Fortgehen in der Zeit sei er absolut nicht
und A. würde es gewiss auch nicht wollen. Er sagte: »Ihnen ist die schwie¬
rigste Aufgabe zuteil geworden, aber Sie können sie lösen.« Er bat mich
auch A. ja nicht zu verlassen, ihm auch keinen diesbezüglichen Vorschlag
mehr zu machen, da er unbedingt krank werden würde. Ach Gott wie schwer
ist das alles. Am Abend A. wieder bei mir. Sehr lieb.

Ich vergesse ganz, dass meine Novelle in der Presse genommen ist.1000 S.
Honorar. Ein kleiner Lichtpunkt.

Gestern Nachmittag bei Hermine, Paula, die nach zwei Monaten Süden und
Paris wieder da sind. Es wirkte erheiternd.