Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 11.–18. März 1928

11.3. Gestern Abend bei A. zum Nachtmahl. Sehr lieb, aber physisch nicht
auf der Höhe. Er sieht angegriffen aus. Heute Schnee mit Regen gemischt
und recht grau, aber gottlob nicht kalt. Mittag Cary und Magdi, beide sehr
lieb. Abend kommt A. noch zu mir.

12.3. Gestriger Abend traurig, wenn A. auch sehr lieb zu mir war. Er ist
skeptisch, was die Aufführung der »Else« anbelangt und ich glaube
mit Recht. Auch andere Verhandlungen scheinen sich zu zerschlagen. Wie
grauslich sind doch die Menschen. Alles Parteinahme, nirgends wirkliches
Interesse. Nur eine grosse Freude durch eine Aufführung und einen Er¬
folg könnte ihm wirkliche Lebenskraft wiedergeben. Das ist mir klar.

Nun ist er fort. Mittag noch bei ihm gewesen. Grosse Zärtlichkeit mit
grosser Nervosität gemischt. Ich empfinde einen fast physischen Schmerz
über diese Trennung. Angst um ihn, Ekel vor der O. Wenn er auch tausendmal
sagt, das es belanglos ist, mir ist der Gedanke, dass sie dort ist eine
Qual.

14.3. Vormittag wieder Zahnarzt. Bei Heimkehr bereits lieben Brief von
A. vorgefunden. Verhandlungen wegen »Else« gedeihen. Gestern Mittag war
er bei O. Der Brief ist knapp vorher geschrieben. Am Abend mit Elisabeth B.
Cary mit etwas Fieber zu Bett, will morgen zu ihm schauen.

15.3. Carys Gesuch um Anstellung am Spital bewilligt. Wir freuen uns sehr.
Harry heute zum ersten Mal in seiner neuen Stelle. Gottlob die Zukunft
meiner Buben einigermassen gesichert.

16.3. Sechszehn Seiten von A. Nachmittag Thee Erlanger. Abend immer allein
zuhause.

17.3. Temperatur trotz blauen Himmel unter Null. Lieber Expressbrief
von A.

18.3. Cary-Magda zu Tisch. Schwester Anna zum Thee.