Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 28. Dezember 1928


eine wirkliche Sympathie. Wir gingen dann in den Salon, wo eine Menge
Maler, ein hässliches Malweib und eine kaum schönere Gräfin Coudenhove
sass. Alma kochte schwarzen Kaffee, duzte alle, schickte den etwas
schmierigen Dienerknaben, den sie »Ernsti« rief, Schnaps und Gläser
von ihrem Schreibtisch holen. Dazu gab es einen Baumkuchen und Weih¬
nachtsstrietz. Es wurde viel über Malerei, Porträts, Kokoschka gespro¬
chen und ich glaub, ich hab genug geredet.

Alma begleitete mich dann hinaus und redete noch zwi¬
schen Tür und Angel eine Viertelstunde lang von Dir und um Dich he¬
rum. Ich sagte ihr, daß mich nur interessiert, dass Du Dich dort nicht
erkältest und Dich über nichts aufregst, alles andere sei ganz belanglos
für mich. Details dieses Gespräches wenn überhaupt, dann mündlich. Ich
glaube aber, wir können sie uns schenken. Wir haben übrigens Beide
gefunden, dass Du sehr schön bist.

Ich habe mit Alma verabredet, dass sie und Werfel Ende
nächster Woche Samstag oder Sonntag mit Dir zusammen zum Nachtmahl zu
mir kommen. Ich telefoniere ihnen, sobald ich den Tag Deiner Ankunft
weiss. Ich fand zuhause Deine liebe gestrige Karte vor und erwarte
morgen den ersten Brief. Ich werde übrigens nicht immer so viel
schreiben, denn ich fühle, dass ich mehr arbeiten muss. Ich bin gar
nicht zufrieden mit mir. Aufregungen, Sorgen und zuletzt die Ueber¬
siedlung haben mich in den letzten Monaten zu sehr erfüllt. Vielleicht
werde ich doch die »Corday« vorläufig sein lassen müssen, so sehr sie
mich lockt und erst durch etwas anderes ins Arbeiten zu kommen ver¬
suchen.

Morgen Vormittag will ich in die Stadt und zu Tisch zu
Anna. Dann aber bis Mittwoch mich nicht von hier fort rühren. Gute
Nacht, mein Liebes, sei nur vorsichtig bei diesem Sauwetter, erkälte
Dich nicht und wenn Du das Geringste spürst geh nicht aus.

Ich sitze in meinem Erker, der Regen prasselt an die Fen¬
sterscheiben, alles ist still im Haus und mir ist, als wär ich allein
auf einer fernen Insel oder in einem fremden Land. Ich küsse Dich sehr.

Deine C.K.