Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 28. Dezember 1929

Berlin, 28.12.1929. Hotel Esplanade.

Nach dem Frühstück.

Mein Liebes, Chronik der Reise. Den Hollywood-Roman ausgelesen (Schluss
überhetzt), – Nachtmahl à la carte im Speisewagen. Zufällig gegenüber
Schriftsteller Victor Willner (bei Ullstein, Querschnitt, auch
Tempo) – Leidlich geschlafen, Ankunft bei Regen (wenig). Esplanade; -
angenehmes Zimmer mit Bad (wenn nur die Douche ginge!) – Heini um
10. Gegen 11 zur Probe; -fertig gemacht; 3 Uhr O.; -bettlägerig. Arnoldo; -
viel über die Zustände in Italien und Arnoldos gegenwärtigen Posten,
Arbeit, Aussichten; mit ihm spazieren (er ist zum erstenmal in Berlin); -
bei O. mit A. gegessen, Heini von der Probe etwas später; – nach 4 im
Hotel; – unbeschreibliche Müdigkeit, gelesen (Lit. Echo u. dgl.) – um ½7
holt mich A.; – in ein ziemlich fern gelegenes Kino, fast unbekannt,
aber besonders hübsch; – Ungarische Rhapsodie; vorzüglich – das
Ende albern, wegen des dringenden »Happy« – - dann entdeckte ich
(durch Vermittlung eine der Espl.-Directoren) ein angenehmes stilles
Alt-Berliner Restaurant an der Postdamer Brücke (also recht nah)
wo ich mit Arnoldo nachtmahlte.–Recht gut geschlafen, mit argen Kopf¬
schmerzen erwacht – und so müd, dass ich mich nochmals hinlegte. Te¬
lefonische Gespräche mit Dora, Frau Fischer, Heini; – will im Tiergarten
spazieren gehen (Wetter wieder kühl und klar) – und zu Feilchenfeld.-
Zu Tisch bei Mimi und Viki.–Abends ins Theater, Petroleuminseln, worin
Heini zwei Rollen spielt.

Lebwohl, mein Liebes- ich bin mit meinen besten und innigsten Gedanken
bei Dir. Ich küsse Dich sehr. Dein A.