Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 16. Oktober 1928


16.10.1928. Berlin.

Mein Liebes, vor allem bitte ich Dich mach Dir keine Skrupel wegen
der Wohnung: auch wenn ich sie in diesen Tagen nicht sehe – ich
trau Deinem Geschmack und Deinem Verstand so vollkommen, dass ich
einen Fehlgriff für ausgeschlossen halte, wenn Du selbst Gefallen fin¬
dest. Und ich halte das Risiko nicht einmal für gross, wenn sich ir¬
gend welche Schäden nachträglich herausstellen sollten. (Wie sollte
das übrigens möglich sein?) Denn diese Wohnung würde man dann
loskriegen – auch gegen eine in der gleichen Gegend. Durch den Archi¬
tekten Siebert hat man ja jetzt schon einen Ueberblick. Das wesent¬
liche ist, dass Du eine hübsche kleine Wohnung für Dich allein – und
eine für uns in günstigster Lage hast; – dagegen fallen auch die für
Dich sehr begreiflichen Gefühlsmomente nicht ins Gewicht, umso
mehr als es ja wahrhaftig nicht die gleiche Wohnung ist, in der Du
als Kind gelebt hast; -und die späteren Jahre nicht durchaus schöne
Erinnerungen für Dich enthalten. Heute kommt wohl ein Brief von Dir
mit definitiven Mitteilungen. Meine Heimreise von hier wird zwi¬
schen Samstag und Montag stattfinden – wobei ich keineswegs über¬
zeugt bin, dass ich bis dahin irgend etwas Bindendes mit den Film¬
leuten abgemacht haben werde. Sie wollen sich eben nicht binden -
oder wie Dr.Bermann sagt, sie wollen zu Reklamzwecken zwar
einen grossen Namen haben, aber möglichst billig. Das Aufschieben
geschieht ja mit offenbarer Absicht. Für heute Dienstag war eine
Conferenz schon vorigen Freitag angesetzt; gestern Vormittag war ich
im Bureau und fragte Herrn Kohner, ob man sich (da Spiel im Morgen¬
grauen wegfällt) zu etwas anderem entschlossen habe; – angeblich
denken sie an Casanovas Heimfahrt; – Herr Biro, ihr Dramaturg, beschäf¬
tigt sich immer noch mit der Lektüre meiner Werke. Ich schlug ihm
gestern u.a. Hirtenflöte, Traumnovelle, Kakadu vor – bei aller Vereh¬
rung für mich – hat er die Sachen noch immer nicht von neuem gelesen.
Er selbst übrigens findet das Benehmen der Leute (Kohner, Lämmle,