Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 8. Oktober 1928


8.10.1928 Berlin,

Hotel Esphanade.

Liebste, ich bin nun in einem sehr angenehmen Zimmer unterge¬
bracht, geräumig, Bad, und mit Blick in den Garten, so ruhig als man sichs
nur wünschen kann. Der gestrige Tag stand noch unter dem Zeichen der
abgelaufenen Reise; ganz ohne Kopfweh und allerlei Uebelbefinden geht
es doch nicht ab. Einzelne Leute sprach ich telefonisch, so vor allem
den Hollywood-Teplitzer Filmann; der es einigermassen dringend
zu haben scheint; ich esse morgen mittag mit ihm, Biro und Bermann-¬
Höllriegel. Gestern Abend speiste ich mit Heini bei O.; – las mein
Stück; die Wirkung war im Anfang stärker als im 2. und 3. Akt, wo die
Lungen auffallend waren (auch für mich, resp. für mich besonders); -
das 9. (letzte) Bild wurde als unerlässlich empfunden. Da Heini nur
den gestrigen Abend frei hatte (die ganze Woche spielt er, und ich
seh ihn vorläufig Dienstag (Calcutta), Mittwoch (ein besserer Herr),
Donnerstag (Oedipus), zog ich es vor trotz einiger Müdigkeit das
Stück schon gestern zu lesen; – die Zusammendrängungen und die Aus¬
führung der letzten Scene 3. Bild werde ich dieser Tage machen und
hoffe das Manuscript Ende der Woche in Druck geben zu können.
Soeben wollte mich jemand von dem neuen Ullsteinblatt Tempo inter¬
viewen, aber ich empfing ihn nicht.

Jetzt geh ich zu Dora, wo ich zu Mittag esse. Morgen Früh habe ich
jedenfalls Nachricht von Dir,– wie sehr ich wünsche, dass es gute wären,
fühlst Du hoffentlich besser als ich es zu sagen vermag. Die Unzu¬
länglichkeiten aller Worte empfinde ich schwerer mit jedem Tag – und
ich muss mich drauf verlassen, dass Du weisst, Liebst, endlich weisst! -
Ich umarme Dich mit aller Zärtlichkeit. Dein A.