Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 18.–20. September 1928


nicht ein und aus. Das Mädchen (Emma) hat mir in der unverschäm¬
testen Weise gekündigt. Ende des Monats ziehen Spieglers aus und
ich suche keinen Ersatz. A. schimpft immer über diese Wohnung (und
darüber, dass ich vermiete), rät zu tauschen oder zu verkaufen, ver¬
meidet aber jedes Wort, das mir wirklich helfen könnte. Ich weiss nicht,
wozu ich mich entschliessen soll.

A. will mir immer Geld aufdrängen. O nein!

Harry ist von Skoda-Wetzler gekündigt worden. Sparmassnahmen, Abbau.
Auch das noch.

Abend mit A. Konversation. Nachtmahl in der Heumühle. Ich fühle, es
geht etwas vor. Offenbar Briefe und Rufe aus Berlin. Sonntag war er
bei früheren Bekannten, Schmiedls. Montag Abend Frau S. (die Freundin
und Antiquitätenkollegin der O.) mit ihrem Freund B. bei ihm. Ich
Abend bei Frieda. Sie erzählte mir, Prof.Hajek habe in Aussee zu ihr
gesagt: »Wozu ist die u. schon wieder in Hohenschwangau bei ihm.
Sagen Sie meinem Schwager, er ist ein Esel!"

Donnerstag den 20.9. Was für ein Abend gestern bei A. Ich kam, brachte
ihm Blumen. Wir sprachen ein paar Worte über seine Arbeiten. Er
ruhelos hin und her. Dann setzt er sich zu mir: »Sag, wirst
du es mir übel nehmen, wenn ich für einige Zeit nach Berlin gehe? – Ich
habe das dringende Bedürfnis.« Ich antworte: »Ich kann es dir nicht
übel nehmen, du sollst das tun, was dir ein Bedürfnis ist – aber ich
würde dir raten nach Berlin zu übersiedeln. Dieses Schwanken zwischen
hier und dort hat keinen Sinn.« Hierauf Toben von seiner Seite. Ich
lenke ab, wir sprechen von etwas anderm. Von dem Brief, den er von Her-
terich bekommen hat. (Wenn er wüsste, wieso!) Nach einer Weile frägt
er, wie meine Angelegenheiten stehen. Ich lehne das Gespräch ab. Meine
materielle Lage bedrücke ihn. Ich frage: »Warum gerade die materielle?«