Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 17.–21. Juli 1928

Heute Vormittag per Auto in Kritzendorf und kurze Zeit im Wasser.
Ich wäre gerne länger drin geblieben und hätte dann am Strand geruht,
aber A. war wieder innerlich gehetzt und trieb mich hin und her. Ich
war so müd, als ich heimkam, dass ich nach Tisch 2½ Stunden schlief
und mit Herzklopfen erwachte. Nachmittag grosses Gewitter und leichte
Abkühlung. Otto hat wieder bei mir gegessen. Er ist doch der liebste,
beste Mensch.–»Die Braut von Messina« gelesen, da ich für die »Helena«
eventuell an Chöre denke.

18.7. Für Fredi bei Stein (Klassenlotterie) gewesen, um Reklamzeichnun¬
gen anzubringen. Direktor kommt erst in 3 Wochen. Nachmittag »Faust«
gelesen. Wie immer hingerissen. Viel für die »Helena« gefunden. Abend
bei Anna. Mein Befinden elend.

(Bei Beginn eines neuen Tagebuches)

Kein guter Beginn dieser Aufzeichnungen. Absage von [Zs]olnay mit geradezu
lächerlichem Brief; lobt Spannungsniveau, mustergiltig durchgeführte
einheitliche Komposition, betont, dass das Buch viele Erfolgsmöglich¬
keiten enthält und von einem Verlag, der sich ganz hinter das Buch
zu stellen vermag, gut durchgesetzt werden wird, aber er kann die innere
Uebereinstimmung zu meinem Roman nicht in diesem Mass empfinden. Mit
anderen Worten, sie wollen für mich nichts tun. Wie ermüdend ist das
alles und dabei diese Sorgen.

21.7. Gestern Abend bei A. Gemütlich und zärtlich. Kein Zweifel, dass
er mich sehr lieb hat, aber diese Mischung von Egoismus und Güte in ihm
ist merkwürdig.

Heute Früh telefonisches Gespräch mit A. Ein amerikanischer Journalist
Schinnerer ist da, um ein Buch über A. zu schreiben. Schinnerer wundert
sich über die animose, nahezu feindselige Einstellung gegen A. (Besonders
im Verlag Zsolnay), während er in Amerika als der bedeutendste
deutsche Dichter gilt. Hier ist eben nichts als Clique, Partei, keine
Objektivität, keine echte Begeisterung, nur snobistische Regungen.

Am Abend mit A. in der Sängerhalle im Prater. Unten genachtmahlt. Dann