19. April 1928. An Bord der
»Stella d’ Italia«, 11 Uhr Nachts.
Mein Liebes, ich schreibe diese Zeilen in meiner Kajüte; die Kinder
sind in die Stadt gefahren aus brennendem Interesse für das Athenaen¬
ser Nachtleben, das ich mir schenke. Gestern am frühen Nachmittag sind
wir hier angekommen; die meisten Passagiere fuhren sofort rudel¬
weise von Piräus nach Athen. Wir liessen uns Zeit, liessen uns um
5 Uhr ans Land setzen und autelten in die Stadt, die 12 Kilometer
entfernt vom Hafen Piräus liegt. Unglaubliche Strassen voller Lö¬
cher, die Vorstadt Piräus selbst armselig und lärmend. Erst von
Phaleron aus, der zweite elegantere Hafen, – im Sommer auch See¬
bad eine schöne breite asphaltierte Strasse nach Athen. Nur eini¬
ge wenige schöne Strassen, vor allem der Boulevard, in dem sich
der asphalti[e]rte Weg fortsetzt, vorbei an den grossartigen Resten
des Oly . . . . . . .;- ein ungeheuerer Platz schliesst den Boulevard
in seinem schönsten Theil ab; – seitlich das elegante Hotel Grand
Bretagne; – Mimi und Viki waren ausgeflogen. Wir bummelten umher
in der Stadt selbst, im Sta . . . . ., in dessen Mitte sich die 13
Säulen des Olympion erheben; – ringsum, doch ziemlich entrückt die
beinah durchaus kahlen Hügel und Berge, nur da und dort an den
Hängen mit Wäldern bestanden. Ganz nah, fast noch im Centrum der
Stadt die Akropolis – Wir begnügen uns vorläufig sie von unten zu
betrachten. – Sie liegt wie die ganze Landschaft und das bebaute
Gebiet in einem klaren überhellen Nachmittagslicht da; -
ein breites Felsplateau, das höher scheint als es ist, aus dem weis¬
se Tempel in die Abendluft wachsen.–Wir fahren zurück, essen an
Bord um 9 Uhr, sitzen ziemlich allein im Speisesaal – (eine Erho¬
lung). Dann noch auf Deck, Gespräche zwischen Arnoldo und dem
Oberstleutnant Kren (die sich an der Plave gegenseitig beschos¬
sen haben; – über Kriegserlebnisse, Fascismus, Pacificus – deutsch,
italienisch und französisch). Ich beteilige mich lebhaft, sehe