Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 27. März – 1. Mai 1928


Ersten nahm, der ihr über den Weg lief.

9.4. Vormittag. Bei Anna in der neuen Wohnung. Abend bei A. mit Frieda,
Beer-Hofmann, Schwarzkopf.

11.4. Letzter Abend bei A. Unvermeidliche Aussprache durch A. provoziert.
Behauptet, nie ein Wesen mehr geliebt zu haben, als mich, niemand stehe ihm
näher. Ich weine, weine.

12.4. Drei telefonische Gespräche mit A. Ich liege zu Bett, bin krank.
A. um 8 Uhr 30 nach Triest.

15.4. Heute Expressbrief aus Triest, zum Schluss Versicherungen seiner
Liebe. – Nachmittag langweilige Damenjause. Margarete Königswarter (mit
der ich vor ein paar Tagen bei der Willbrandt-Baudius wegen meines Stük¬
kes war) etc.

Wie weit fort ist er schon. Fühlt er denn nicht, was das heisst, sich
aus Uebermut so von einander zu trennen, wenn man doch irgendwie zusammen
gehört.

22.4. Feuilleton von Raoul A. über »Therese«. Kühl, sachlich, ohne Liebe,
ohne Begeisterung. Und das sind die Freunde. Mir graut.

Mein Gedicht »Wissen um den Tod« in der Sonntagsbeilage. Von A. eine
Karte aus Brindisi.

Sehr zärtlicher Brief von A. aus Athen. Die Briefe, die ich schreibe, sind
wesentlich kühler.

Zum Tee bei Königswarter. Alles sehr lieb zu mir. Byk sagt: »Klärchen
wird herumgereicht«. Es ist auch so ähnlich.

Erdbebenkatastrophe in Korinth-Athen.–Gottlob, er ist schon weiter.

Première »Iphigenie« mit Gretl Königswarter. Moissi unerträglich.

1. Mai. A. über Triest nach Venedig, kommt erst Donnerstag oder Freitag.
Ich fühle mich fremd und kühl, der Winter hat mir zu weh getan.