An A.S. Berlin.
Wien, 6.12.1927.
Liebster,
heute Früh am Telefon hatte ich das Gefühl, dass Du recht
gehetzt bist oder einen Anruf erwartet hast. Oder irre ich mich?
Ich freue mich jedesfalls, dass Du Dich wohl fühlst und die verschie¬
denen Besprechungen (so weit ich Dich verstand) doch zu Resultaten
führen werden. Du solltest Elisabeth B. die »Hirtenflöte« zu lesen
geben, ich glaube, da liesse sich mit ihr viel machen und sie hätte
die vielseitigsten Möglichkeiten.
Gustav Schwarzkopf habe ich angerufen. Er war sehr lieb,
sagte, mein Stück hätte einen sehr günstigen Eindruck auf ihn gemacht
etc., wenn überhaupt in den drei prämierten Stücken sehe er in dem
meinen Möglichkeiten, obwohl er sich an dem Hausgeist und der Ratte
etwas stosse. Es käme natürlich auf die Inszenierung an. Ich sagte
ihm, dass es eben ein Reinhardt in die Hand bekommen müsste, es stehe
der »Peripherie« nicht so fern. Er antwortete: »Ja, da haben Sie das
Richtige getroffen« etc. Ich fahre jedesfalls um 5 Uhr zum Volksthea¬
ter das Stück abholen, vielleicht spreche ich dann mit Horch darüber.
Ich habe auch an Herterich gedacht. Es wär halt die gute Rolle für die
Wilbrandt drinnen. Jedesfalls werde ich allerhand versuchen.
Bei Paul Zsolnay bin ich am Vormittag gewesen. Er war
sehr liebenswürdig, aber doch irgendwie säuerlich, wie Du es nennst.
Er erzählte mir von Unannehmlichkeiten mit Géraldy, weil die Gedichte
von Rockerot nicht eingezogen sind, sondern trotz angeblichen Verbots
weiter verkauft werden. Es scheint Unwissenheit von Géraldy und In¬
korrektheit von Stock vorzuliegen. Von meinem Bändchen sind 500
Exemplare bereits verkauft, was für Gedichte in so kurzer Zeit, wie er
selbst zugibt, nicht so wenig ist. Dagegen habe ich noch keinen Knopf
bezahlt bekommen. Es ist wirklich eine Schäbigkeit. Ich bin neugie¬
rig, ob ich im Volkstheater das Geld bekomme.