An A.S. nach Berlin.
Wien, 3. Dezember 1927.
Mein Liebes,
ich schreibe diese Zeilen um 7 Uhr Früh, denn ich habe die
ganze Nacht vor freudiger Aufregung nicht schlafen können. Es war
11 Uhr und ich lag im Bett und las die Korrekturbogen der Neuen
Freien Presse durch, als das Telefon klingelte und ein Redakteur Sie¬
bert von der Neuen Freien Presse bei mir anfrägt, ob ich mich an dem
Preisausschreiben des Deutschen Volkstheaters beteiligt habe. Auf
meine erstaunte Frage: »Ja, warum wollen Sie denn das wissen?« antwor¬
tete er, es sei eben die Nachricht an sie gelangt, dass Katharina
Pollaczek einen Preis bekommen habe, – ob ich das sei. Du kannst Dir
meine Aufregung denken. Du hast mir schrecklich gefehlt. Die Sache
scheint sich nach den konfusen Reden dieses Herrn so zu verhalten, dass
der erste Preis überhaupt entfallen ist und der zweite Preis ganz
gleichwertig an Paul Wertheimer, an einen Dr. Scholz und an mich verliehen
wurde. Ich sprach dann auch Dr. Benedikt, der noch nichts wusste, aber
sehr erfreut schien. Er sagte mir, dass er Dich angerufen hätte, um
Dir für die wundervollen Aphorismen zu danken, er höre aber, Du seist
in Berlin. Er bat mich Dir seinen Dank zu übermitteln.
Ich hoffe sehr, dass dieser Preis meine Stellung zu Ver¬
legern und Theatern günstig beeinflussen wird und ich endlich auf
einen grünen Zweig und zu einer Art Sorglosigkeit gelangen werde, um
ruhig arbeiten zu können.
Wie vieles hätte ich jetzt mit Dir zu besprechen.
Die »Charlotte Corday« zu der es mich jetzt immer hefti¬
ger drängt, will ich »Das Fräulein von Corday d'Armont« nennen, wie sie
ja eigentlich hiess. Es liegt in diesem Titel schon etwas von meiner
Einstellung zu ihr.
Im übrigen sehe ich wieder, wie schwach trotz meines der¬