Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 2. Dezember 1927

Berlin, 2.12.1927, um 5 Uhr

Hotel Bristol.

Mein Liebes – diese Stunde entspricht ungefähr der Wiener ½3 Uhr Stunde,
denn eben bin ich vom Tisch aufgestanden und wurde indes von Frau Gose¬
gitsch und gleich darauf von Herrn Lantz in Filmangelegenheiten (es han¬
delt sich um Comtesse Mizi) angerufen; weitere persönliche Besprechung
noch heute gegen Abend. Nun aber lass Dir von gestern erzählen. Vor¬
gestern bei Dr. Wenzel Goldbaum in Urheberrechtsangelegenheiten allgemeiner
Natur. Es zeigte sich wieder einmal, dass ich, nachdem wir einander brieflich ge¬
hechelt hatten, eine mündliche Aussprache alles klarstellte und meine Vor¬
schläge fast enthusiastisch aufgenommen wurden. Dann bei Ullstein, wo
ich Wiegler längere Zeit, Krell flüchtig sprach. Wiegler findet es unrich¬
tig, dass die Vossische den Roman nicht bringt; rät mir, wenn auch Knorr
& Hirth versagen, Berliner Tagblatt (ich schreibe auf meinem Hängekoffer
als Pult). In Bristol allein gespeist, Heini kam erst um 4 aus der
Probe.–In meinem Zimmer bei recht mässigem Befinden Werfel gelesen
(ohne sonderliches Vergnügen) – dann Deutsches Theater mit Michaelis,
Eltern und zwei Söhne, Dorothea Angermann. (Krauss ausserordentlich, die
Thimig hohes Niveau, nur zu sehr verkrampf[t]). In ein Restaurant am Kur¬
fürstendamm mit Michaelis, wohin auch Heini kam (der damit den zwei Jahre
lang unterbrochenen Verkehr mit Michaelis wieder aufnahm). Somit wieder
erst gegen ½2 ins Hotel, tief mit dumpfen Träumen geschlafen. Heut gegen
11 Uhr fort; zu Fischer (Verlag), lange Unterredungen mit Fischer, Maril,
Bermann geschäftlicher Natur: Theatervertrieb, Reigen, Gesamtausgabe etc.
Es fehlt durchaus an Blan – immer nur meine persönliche Intervention pul¬
vert auf (aber auf begrenzte Dauer). – In der B. Z. Artikel
über meine Anwesenheit bei den Freiwild-Aufnahmen. Meine Gespräche mit
Kurt Mühsam fast durchaus falsch referiert.–Mittagessen mit Heini, O.,
Paul Marx; zahllose komische Theatergeschichten.

Im Hotel kurzes Gespräch mit Raphael Schermann, mit dem vielleicht noch ein