Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 9.–15. November 1927

9.11. Vormittag bei Magda und eine Stunde mit ihr spazieren gegangen.
Sie ist süss und lieb, aber ein wenig zu kindisch.

Mein Mieter beginnt einzuziehen. Habe mir nicht träumen lassen, dass
ich einmal drei Mieter in dieser Wohnung beherbergen werde. Aber ich
will nicht klagen.

10.11. Erster Regentag. Mittag kam meine Schwester durchnässt herein¬
gestürzt. Sie hat noch immer keine Wohnung. Ich zwang sie wenigstens
Schuh und Strümpfe zu wechseln. Wohin wird sie ihre christliche Demut
noch führen?

Zu Tisch bei A. angesagt. Auch Frieda war da. Sehr gemütlich.

Zuhause angekommen, geschlafen, an den »Lasttieren" Aenderungen vorgenom¬
men. Dann umgekleidet. Am Abend mit A. bei der »Beständigen Frau«. Ganz
gutes Stück, Dialog mässig, Roland zu alt und mies. Weissen Hahn genacht¬
mahlt gute Stimmung. Zuhause Um 12 Uhr Nachts Anruf von Dr. Benedikt
wegen des russischen Akzent der Jo (in meinem Roman). Unleidliche Seka¬
tur.

11.11. Guter, stiller Tag. A. zufällig begegnet, nur eilig gesprochen,
aber mit viel Liebe. Nachmittag zuhause. Korrekturen Presse. Aphorismen
von A. weiter gelesen mit immer grösserer Andacht. Jetzt »Lasttiere«
vorgenommen. ½ 4 A. tel. gesprochen. Mein Mieter enerviert mich.

12.11. Revolutionsfeiertag. Gottlob elendes Wetter. Freue mich darüber.
Gutes Morgengespräch mit A. Nachmittag Tee bei Gottholf, dann mit A.
im Kino »Der tanze Tor«. Nachher Opernrestaurant. A. Zahnschmerzen, daher
etwas still.

14.11. Nachmittag Frieda diktiert. Dann mit ihr und A. beim Napoleon-¬
Film.

15.11. Nachm. Bei Wellesz, uns gut gesprochen. Meine Géraldi-Uebersetzung
»Toi et moi« schon überall zu haben. Höre Gutes darüber.

16.11. Anna begrüsst, die nach Wien gezogen ist und mit Rudi und Maria