In Wien 10. August 1927
Lieber Arthur, ich schreibe diese Zeilen in der traurigsten Nacht meines
Lebens an dich, nachdem ich nur durch ein Schlafmittel, wenige Stunden ver¬
gessen konnte -
Ich habe mich geweigert dich in Botzen zu treffen, und diese Weigerung, die
jeder Mensch verstehen würde dem ich die Situation und Alles was ihr voran¬
ging schildern würde, – hat bei Dir – wie immer bei einer Stellungnahme
meinerseits, – zu unerhörten Zornausbrüchen und Beschimpfungen Deineseits
geführt.
Wenn du irgend einem Menschen auf der Welt erklären willst; ich verarge Dir
deine Liebe zu Deinen Kindern, dann sagst du bewus[s]t eine Unwahrheit, denn
nie ist ein Mensch mit mehr Sympatien und gutem Willen den Kindern eines
andern gegenübergestanden, als ich, den Deinen, weil ich eben immer Deine
Kinder in ihnen gesehen habe. Und wenn daraus nie eine mögliche Beziehung
wurde, so war es weil du es bewus[s]t verhindert hast. Und zwar nicht von allem
Anfang an. Ich kann mich sehr genau an eine Zeit erinnern – an einen Abend,
wo wir Heini aus dem Theater holten und Du selbst wörtlich geäussert hast:
»Ich möchte, dass es einmal eine besonders gute Beziehung zwischen Euch wird.«
Später sind dir wo[h]l Bedenken gekommen, die Angst vor dieser Frau, die offen¬
bar einen freundschaftlichen Contakt übel genommen hätte.
[D]u weisst sehr genau, dass ich dir keinen Augenblick verargt hätte, wenn du
14 Tage der Ferien mit Heini verbracht und erklärt hättest; jetzt
will ich Heini treffen, aber dann machen wir, – du und ich eine Reise zu¬
sammen, wenn du mit mir zusammen einen Ort ausgewählt hättest, der für uns
beide zuträglich ist und keine allzulange Reise für mich allein erfordert.
Ich bin schliesslich heuer im Frühjahr 5 Wochen lang sehr krank gewesen
und nicht mehr so gesund wie früher, und wenn man eine Frau lieb hat so
nimmt man wo[h]l ein bißerl Rücksicht auf sie.
Aber Du,– hast vor 14 Tagen erklärt, du hast keine Lust eine grössere Reise zu machen
Du willst Heini in Aussee treffen und mich in der Ischler Gegend. Jeder Vor¬