Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 10. August 1927


schlag von mir (in Höhere Luft zu gehen) wurde von dir brüsk abgelehnt, – Süd-¬
Tirol, zu weit- Garmisch wegen der Erinnerungen an die »Schwägerin« nicht
möglich.–Fulpmes unsympatisch, Meran, zu weit etc dann complettes unaufrich¬
tiges Schweigen über das Sommer- Programm. Endlich Karte von Heini (die du
offenbar erwartet hast) Aufforderung nach »Madonna« zu kommen.

Es ist menschlich begreiflich, dass Heini den Wünschen seiner Mutter Rechnung
trägt, ja vielleicht – dem eigenen Wunsch, Euch am selben Ort zu sehn. Es
hätte keiner groben und rücksichtslosen Antwort deinerseits bedurft, um es
sich »nicht einfach so fügen zu lassen« wie Du diese Zusammenkunft nennst.
Du hast mich gestern angeschrieen; ob du vielleicht hättest antworten sollen
die Mutter müsse fort, sonst kämst du nicht hin. Nein, solche Takt- und
Geschmachlosigkeiten kannst du mir nicht zumuten. Es hätte genügt zu ant¬
worten »Madonna« sei dir zu weit oder nicht sympathisch (wie du mir ohne
weiteres antwortest) und einen andern Ort unter hunderten zur Begegnung
mit Heini vorzuschlagen.

Aber die Wahrheit ist, dass dir dieses Zusammensein in M. angenehm ist, und
dagegen Alles, was ich dabei empfinden könnte, verblasst.

Du sagst, – es ist keine Kränkung, es werde mir nichts fortgenommen. Das
zu beurteilen steht nicht bei dir. Ich empfinde es so, kann es nicht anders
empfinden. Du hast mir vielleicht nichts weggenommen, aber vorenthalten.
Alle jene Zärtlichkeiten und Rücksichten die du für deine Familie hast, – und
dieser Umstand der früher zu Reibereien führte, führt jetzt zu Katastrophen.

Wir sind heute zwei einsame Menschen, unsere Kinder sind erwachsen, gehen
ihre eigenen Wege. Es wäre der Augenblick gewesen uns inniger aneinanderzu¬
schliessen. Ich habe es dir schon einmal gesagt, – die Erotik- (die heute in Deiner Existenz angeblich mein
Monopol ist!) ist in unseren Jahren zeitlich begrenzt, heute müssten wir im
Hintergrund dieser »Erotik« etwas anderes Strärkeres Dauerhafteres fühlen.
Heimat, Zugehörigkeit das Bewustsein einer grossen gegenseitigen zeitlosen
Liebe und Fürsorge eine fürs andere.

Wie kann das aber sein, wenn ich immer wieder die Schranken fühle die mir ge¬