Zwischenbemerkung, 5. Juni 1927


Zustand ich war und ihn verstehen musste (wer denn wenn nicht sie -)
»Es ist sicher, dass das Ereignis dem Herrn Dr. furchtbar nahe gehen
wird- er kann doch nicht toben,– das tut man nicht unter cultivierten Men¬
schen- " Ich antwortete: »Warum sagen sie mir das, liebes Fräulein?«
(Diese Ansprache ärgerte sie) Sie liess dann noch eine Lobhudelei über
die Tote von Stappel sprach in einer Begeisterung von ihr in der sie sich
bisher nie geäussert hatte, ja ich kann mich an gegenteilige Bemerkungen
genau erinnern. Warum? Ich hab ihr doch nie was zu Leid getan. Im Gegenteil
ich hatte besonderes Vertrauen zu ihr. Das war wo[h]l ein Fehler- man darf zu
Frauen kein Vertrauen haben. Ich hätte diesem Prinzip, vielmehr dieser
richtigen Empfindung niemals untreu werden dürfen. Es rächt sich. Nicht
dass ich einem Indiskreition ihrerseits fürchte- sie würde sich dadurch
mehr treffen als mich- aber mir ist immer als wollte sie A's Liebe für
mich immer herabmindern, mich absichtlich beunruhigen.

Nein ich bin auf diese Frau L. nie ernsthaft eifersüchtig gewesen, ich habe
es ihr übel genommen, dass sie sich in diesem letzten Jahr in einer ge¬
schmacklosen Art immer wieder bemerkbar machte, A. unausgesetzt anrief, ein¬
lud, zu Autoausflügen aufforderte, wo sie doch schon vor meiner Zeit mit
ihm im Gerede war. Gut A. behauptet, es sei immer nur eine ganz harmlose
Freundschaft gewesen, er habe nur viel mit ihr gesprochen, als seine Ehe
mit der O. im Auseinandergehen war und die L. habe ihm oft ihr Herz über
eigene Angelegenheiten ausgeschüttet und ich glaube ihm. Aber dann war ihr
Vorgehen dumm geschmacklos taktlos und hat oft zu bösen Verstimmungen zu
Mis[s]verständnissen und Schlimmerem geführt, und die F. weiss das.

Sie weis auch, dass meine Novelle »Mord« aus diesen Motiven entstanden ist
weis, wessen Züge die Ermordete trägt- Sie weiss es wie A. es weiss.

Nie habe ich Frau L. den Tod gewünscht-ich würde es in diesen Zeilen die
eine Befreiung für mich sein sollen gestehen- aber ich habe Frauen dieser
Art mit diesem symbolischen Dolchstoss verletzen wollen, und in einer
spielerischen Rache, machte ich die Schauspielerin Jagitsch ihr ähnlich¬