Tagebuch von Clara Katharina Pollaczek, 25.–28. August 1926


nicht warm hält, fallen rasch von einem ab – aber – ich bin kein
»Warmhalter«. Wie recht hat er mit dieser Selbsterkenntnis. Er
sorgt immer dafür, dass man wieder auskühlt. Er macht es mit mir
auch so und doch weiss ich heute, dass er mich sehr lieb hat.
Der Himmel unentwegt blau und strahlend, der Abschied von hier wird
mir sehr schwer.

26.8. Interlaken, Hotel Beau Rivage. Welch ein Unterschied mit
Zermatt. Dort ein romantisches Alpendorf, hier ein überkultivier¬
ter Kurort, jedes in seiner Art wundervoll. Reise mit 4maligem Um¬
steigen, etwas anstrengend für mich, weil ich nicht wohl war. A. ge¬
rührt, weil ich mir so gar nichts daraus machte. Er ist besonders
lieb. Wir haben reizende Zimmer und sind sehr glücklich.

27.8. A. ist verstimmt wegen unangenehmer Filmnachrichten. Irgend
ein Vertrag, mit dem er gerechnet, ist nicht zustande gekommen, weil
seine Ansprüche angeblich zu hoch waren. Ausflug über den Brienzer¬
see nach Griesbach hinauf. A. sprach kaum. Vor einem Jahr noch
hätte ich ihm so ein Schweigen sehr übel genommen, jetzt kenne
ich schon diese Depressionen und bin doppelt nett zu ihm.

28.8. Es nützt nichts, all mein guter Wille nützt nicht, er wird
mich jetzt wieder quälen, bis mir doch die Geduld reisst. Schon
kann ich mich nicht mehr beherrschen. Abgesehen, davon, dass ich
richtig allein nach Oesterreich zurückfahren muss, glaube ich, dass
er am liebsten schon allein sein möchte.-

Gerade als ich diese Zeile geschrieben hatte, kam er herein und
frug mich, warum ich traurig bin, ob das schon Abschiedsstimmung
ist. Ich sagte ihm ehrlich, dass seine Aeusserungen mich glauben
machen, dass er genug von mir habe für einige Zeit, worauf er antwor¬
tete, es sei ganz falsch, er habe es noch nie so lange, wie mit mir
neben einem weiblichen Wesen ausgehalten und ich sei die ganze