Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 2. August 1926

Wien, 2. August 1926

An A.S. Adelboden.

Mein Liebstes, ich bin heute schon so müde, dass ich
nicht weiss, ob ich noch einen Brief zusammenbringe.
Auch habe ich immer Kopf- und Augenschmerzen. Gestern
Vormittag war ich zwischen einem Regenguss und dem
andern an der Hauptpost den Brief an Dich aufgeben.
Mittag mit Carly, Nachmittag Frieda P. Wir waren zusam¬
men im Kino am Fleischmarkt, »Der Kampf mit dem Schat¬
ten«, ein amerikanisches Gesellschaftsdrama, das saudumm
war, vorher ein Lustspiel, wo lauter Fische vorkamen, so
dass ich nicht einen Augenblick hinschauen konnte. Aus¬
serdem hatte ich solche Kopfschmerzen, dass ich mich zu¬
hause gleich mit Aspirin zu Bett legte. Mässig geschlafen
um 6 Uhr schon am Roman geschrieben, um ½8 Uhr aufge¬
standen, das geputzte Silber eingesperrt etc. Um ½11
in die Stadt. Zuerst ins Safe Creditanstalt meinen
Smaragdanhänger einsperren, dann zum Juwelier Heldwein
ein Platinanhängsel verkitschern, um den Zins zu zah¬
len (lustig, was?) dann Reisebüro Schweizer visum
besorgen, zu Biedermann ein paar Coupons einkassieren,