Adelboden, 1.8.1926.
(nach Wien)
Mein Liebes, heute endlich zum ersten Mal erwach ich bei strahlendem
Himmel, und schicke Dir, eben aus dem Bett, einen innigen Sonnengruss.
Immerhin war wenigstens gestern gegen Abend die Möglichkeit zu einem
kleinen Spaziergang gegeben (bei dem ich eingeregnet wurde), und bei
dieser Gelegenheit hatte ichzum ersten Mal einen Eindruck von der Land¬
schaft, die lieblich und doch nicht ohne Grösse ist. Das Hotel
ist angenehm, das Essen vortrefflich; die Preise »entsprechend«. Die
Stimmung, als ich kam, war nicht die beste; es gab Missverständnisse
(sagen wir) zwischen O. und Lili, mit deren Aussehen ich wenig zufrie¬
den bin. Zwei Regenwochen im Gebirge wirken freilich nicht sehr bele¬
bend und aufheiternd. Mein Sohn hingegen sieht vorzüglich aus. Frau K.
ist dieses Mal nicht so unsympathisch und so kann man ihre Klugheit
ohne Widerstand anerkennen.
Die Badener Novelle las ich Heini und O. vor; auf diese Weise zum
ersten Mal laut, was mir, wie ich glaube, sehr nu Nutzen war, und mir ins¬
besonders die Nothwendigkeit eines eher tragischen Schlusses gebie-¬
terisch nahelegte. Bogner ist dadurch zu einer ebenso grossen Rolle
ausersehen, und tritt auch im Laufe der Novelle noch einmal, zugleich
retardierend wie beflügelnd auf. Die Ergänzungen und Veränderungen
sind eine Sache von 1-2 Tagen. Indess hab ich den Roman vorgenommen
und corrigiere daran so, als wenn ich jede Seite morgen zum Setzer
schicken müsste. Ich hoffe rascher damit zu Ende zu gelangen, als
ich dachte. Solche Feilarbeit bedarf keiner Inspiration, sondern nur der
Musse, an der es hier nicht fehlt und einiger Sammlung. Doch werd ich
wohl auch, vielleicht heute – das moderne Stück beginnen. Das von der
befürchteten Novelle kommt vorläufig nicht in Betracht: am ehesten
jenes andere (Reise an die Front mit dem Alten zum Jungen).
Irgendwelche Bekannte gibt es hier nicht: – Oesterreicher überhaupt
keine; – wenige Deutsche, mehr Amerikaner und Engländer; viele Schweizer