Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 1. August 1926


dass Du eventuell einen Roman für sie hättest, so wird man Dir sofort den
Platz freihalten, und jede andere Zeitung auch. Ich begreife sehr wohl,
dass Du nicht plötzlich in einer anderen Art oder in einem anderen Tem¬
po arbeiten kannst als bisher. Aber hier handelt es sich doch nur um
die Fertigstellung zweier ohnedies fertiges Arbeiten. Die paar Seiten No¬
velle, die Du noch zu schreiben hast, können doch nun, wenn Dir der Schluss
klar ist, nur nach Tagen zählen. Auch Deinen Ausspruch, ich warte, so lange
ich warten kann, halte ich nicht für ganz richtig. Lieber ein paar kleine
vorübergehende Konzessionen, um sich sorgenfrei zu machen und dann die
Zügel wieder straffer spannen. Es ist nötig, dass Du Dich sorgenlos fühlst.
Wenn ich etwas Dummes sage (ich glaube aber nicht), so nimm es bitte
nicht übel, denn ich meine es jedesfalls sehr gut. Heute schaut wieder
ein grauer Himmel zum Fenster herein, ich bin schon ganz trübsinnig. In
der Nacht habe ich wieder viel und wirres Zeug von Dir geträumt. Unter
anderm von einem Schneider (offenbar der Schlafwagen-Schneider), der mit
einem Rock von Dir auf dem Arm zu mir kan und mir sagte, er sei den Leu¬
ten auf der Spur, die so hässlich über Dich in den Zeitungen schreiben.
Ein Mann sei bei ihm gewesen und als er Deinen Rock hängen sah habe
er auf den Rock losgeschimpft, als wenn Du selbst es wärst. Ich frug ihn
um den Namen des Mannes und er nannte einen, der russisch klang und den
ich nicht recht verstand. Du siehst, dass Du immer in meinen Gedanken
bist. Nun, lebwohl, Liesbtes, schreibe oft und gut und sei innig umarmt
und geküsst von Deiner

C.K.

Ich will vor meiner Abreise einmal einen Sprung zu Dir hinaus, um zu sehen,
wie die Arbeit dort steht und Dir darüber genau berichten.