Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 1. August 1926

An A.S. Adelboden.

Wien, 1. August 1926.

Mein Liebes, ich bin eben aus dem Schlaf erwacht und habe mir das Fin¬
tenfass ans Bett geholt, um rasch Deinen sehr lieben Expressbrief Nr. 2 zu
beantworten, den ich gestern Abend nach einem Besuch bei der alten blinden
Tante Rosa um 8 Uhr Abend vorfand. Das »sehr lieb« bezieht sich besonders
auf die letzte Seite, für die Du einen besonders lieben Kuss bekommst.–Mit
dem Reiseprogramm kann ich nicht ganz einverstanden sein. Ich habe Dir
schon schrecklich oft gesagt, dass Carly und Magda frühestens am 1. Sept. in
Aussee am Abend ankommen, ich daher frühestens am 2. Sept. dort sein will, da ich
sie sicher in den ersten Tagen des Wiedersehens, ebenso wie die Familie W.
eher stören als erfreuen würde. Aber selbst wenn ich schon am 2. Sept. dort
eintreffe, könnte ich Dich erst, – wenn Du mich nach Aussee noch treffen willst,
erst am 6.9. wo wiedersehen. Du wirst doch zugeben, dass es absolut sinnlos ist.
dass ich eine grosse Reise in die Schweiz mache, um zwischen 8.8. und 6.9.nur
diese paar Tage mit Dir zu sein, nicht zu wissen, was ich vom 25. – 2.9. mit mir
anfangen soll und Dich erst am 6.9. in Oesterreich wiederzusehen. Wenn
wir uns am 25. treffen, so bleibe ich gerne (gerne ist übertrieben) 4-5 Tage
allein, wenn wir uns dann in der Schweiz oder nahe der Grenze wieder treffen. Wir
bleiben zusammen, so lange es Dir passt und wenn Du dann nach Oesterreich
fährst, zweige ich irgendwo nach Aussee ab, wo ich 3 Tage cca bleibe. Fährst
Du dann schon nach Wien, so fahre ich von Aussee aus direkt nach Wien, bleibst
Du noch in der Umgebung, so können wir uns ja nach Aussee ein drittes Mal
auf zwei Tage zusammenfinden. Es wäre eine Art Hochzeitsreise auf Raten und
Du könntest immer dazwischen in Einsamkeit schwelgen. Du musst doch zugeben,
dass mein Plan viel vernünftiger und netter ist und eigentlich hattest Du
ihn auch vor Deiner Abreise so geäussert. Bitte, bitte sage, dass Du einver¬
standen bist, es kann so wunderschön werden.

Was Du von Deinen Arbeiten sagst, verstehe ich auch nicht ganz, wenn Du es
auch naiv nennst und meine persönlichen Erfahrungen lassen sich mit den Dei¬
nen gewiss nicht vergleichen. Ich fange an und fange kaum an in Wien bekannt zu wer¬
den und Du hast den Weltruhm für Dich. Wenn Du heute an die Vossische schreibst