Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 30. Juli 1926

Eben Deine Karte von 20. Der angekündigte Brief hoffentlich am Nachmit¬
tag. Habe gut geschlafen, gegen Morgen von Dir geträumt. Wir tanzten zu¬
sammen unter freiem Himmel einen modernen Tanz. Im Haus drin schien ein
[F]est zu sein, man hörte Musik – wir waren ganz allein und der Tanz war
sehr aufregend. Plötzlich kam eine Art Luftballon vom Himmel, ganz tief
bis zu uns herab. Ich machte Dir lachend den Vorschlag uns anzuhängen
und mitzufliegen, aber Du meintest, es könnte plötzlich sehr hoch gehen
und es wäre dann unmöglich abzuspringen. Wir tanzten und Du warst sehr
zärtlich. Da kamen Damen und Herren vorbei, die uns wohlwollend zulachten
und wir erkannten unter ihnen die Lovsky vom Volkstheater. Du sagtest:
»Diese Leute unterhalten sich doch immer«, worauf ich meinte: »Findest
Du nicht, dass wir uns auch unterhalten?« – »Das zwischen uns ist doch mehr
als unterhaltend« war Deine Antwort und sie könnte es fast in Wirklich¬
keit sein, nicht? Wir umfingen uns wieder und ich erwachte – leider!
Jetzt Schluss. Die Sonne scheint, der Himmel ist blau und ich will an die
Luft. Ich küsse Dich

Deine

C.K.