Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 6.–10. Mai 1926

6.5.26.

Ich habe dieser Tage eine Karte an Dich nach Lissabon abge¬
schickt, heute eine nach Hamburg. Frieda hat ein Telegramm aus Palmas
von Dir erhalten, auch mir die Adressen Deiner Rückreise anzugeben.
Heute bekam ich ein Radio von Dir, sie soll Dir Post an Heinis Adresse
nach Berlin nachsenden.

Ich bin sehr ruhig geworden, habe mich erholt und arbeite viel.
Du bist mir sehr fern gerückt und ich fühle kein Bedürfnis Dir zu
schreiben, Dir etwas zu sagen. Du hattest es in der Hand unser Wieder¬
sehen zu einem frohen, glücklichen zu gestalten – ich hätte über all
die Verstimmungen dieses Winters einen Strich gezogen und wäre Dir
noch einmal mit einem frohen und ganzen Herzen entgegengekommen -
Du hast es offenbar nicht wollen.

8.5.26.

Eine Karte aus Las Palmas, die mir nur sagt, dass ein rekom¬
mandiert Brief gleichzeitig abgeht. Ich werde ihn wohl erst am Montag,
übermorgen bekommen, da morgen Sonntag keine Post ausgetragen wird.

9.5.

Ich fürchte mich vor dem Brief, der morgen kommen wird.
Ich habe Angst vor dem Wiedersehen und ich hätte mich doch gerne ge¬
freut. – Warum, warum?

10.5.

Der Brief aus Las Palmas! Ja, es muss sehr schön dort sein
und es würde mich unbeschreiblich interessieren, welche Reiseroute Du
möglicherweise für die Rückreise nimmst, wenn auch ein Gedanke -ein
Gefühl in diesen Zeilen wäre. Empfindest Du nichts oder bist Du so
vorsichtig? Ich bin Dir so fern, dass es mir nicht einmal weh tut. Ich
sollte wahrscheinlich sehr stolz sein, dass Du mir so lange Briefe
schreibst – Du mir – der berühmte Mann. – Nun, mein Lieber, ich fliege