Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 21. April 1926

Wien, 21.4.1926.

An A.S. (Mittelmeer)

Liebster,

Morgen wird es eine Woche, dass Du fort bist und ich weiss
noch nichts von Dir. Vielleicht hättest Du doch einen telegrafischen
Gruss von Palermo oder Neapel absenden können.-

Einen Brief werde ich wohl erst am 23. erhalten. Zu erzählen
ist nicht viel. Sonntag Nachmittag waren programgemäss Byk und Emmy Erl.
da und später gingen Emmy und ich noch ins Kino zum »Generaldirektor«
mit Bassermann, da Byk in einen Vortrag musste. Ganz guter Film, Basser¬
mann fabelhaft wie immer. Der Montag Abend mit Frieda, Otto und Frau und
meinem Sohn Karl war besonders nett und gemütlich. Gestern Vormittag
war ich in der Stadt. Nachmittag versuchte ich zu arbeiten (an der
»Treppe«). aber es geht noch nicht. Heute Vormittag wieder in der Stadt,
Begegnung mit Siegfried Trebitsch, der auf mich zu kam und mir sagte,
dass er das Gedicht in der Neuen Freien Presse das Schönste von allem
finde, was ich je geschrieben. »Wie von einer ganz grossen Lyrikerin.«
Schad, dass man das nicht als Orden im Knopfloch tragen kann. Ich war
kühl-liebenswürdig.-Letzthin traf und sprach ich in der Stadt auch
Paula Beer-Hofmann, aber das Referat dieses längeren Gesprächs lasse
ich mir fürs Mündliche.–Jetzt erwarte ich eben Baron P.–Das
Wetter ist kuhl, regnerisch, unsicher. Mittag ist sogar ein Gewitter nie¬
dergegangen.

Abend ½9.

P. war 2 Stunden hier. Wir tranken Tee und plauschten sehr gut. Seine
arme Herzlichkeit hat etwas Wohltuendes. Ich gehe zeitlich zu Bett
und werde mich noch mit der »Treppe« beschäftigen. Während P. da war,
gab es ein zweites, kurzes Gewitter, mit Regen, Donner und Blitz und da¬
bei brannte das Feuer in meinen Kamin, weil es so kalt in dem Zimmer ist.
Lebwohl für heute, ich bin müd.