Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 21.–24. April 1926


gen, charmant – von einem Hass merkt man gar nichts, umso weniger
als eine ganze Anzahl ehemalige Oesterreicher sind, die automatisch
zu Italienern wurden; einige mit deutscher Muttersprache.

22.4.1926.

Etwas westlicher – binnen kurzem werden wir den Greenwhich Meridian
passieren, eine verhältnismässig unschädliche Procedur, – nur dass
die Uhr um eine Stunde zurückgerückt werden muss. Von der Südlich-
keit ist noch immer nichts zu merken. Das Meer ziemlich bewegt -
was ich wohlthuend empfinde, der Himmel grau, die Luft so kalt, dass
einem die Finger frieren. Wundervoll der gestrige Sonnenuntergang
(aber es bliess mir beinah den Zeiss von den Augen weg). Im gan-
zen thut mir die Existenz auf dem Schiff nicht nur wohl, sondern
eher auch gut: einer lange angesammelten Müdigkeit nachgeben- und
nachgeben müssen ist besser als Pillen nehmen.–Lili lässt Dir
sehr danken für die »Mimi«, die sie mit grossem Vergnügen gelesen hat.
Sie findet, dass die jungen Mädchen damals doch nicht anders gewesen
sind als jetzt.-

Ich will diesen Brief erst in Lissabon abschliessen, denn dort erst
kann ich das weitere Programm meiner Reise endgültig feststellen; -
nachdem ich bei verschiedenen Schiffahrtsgesellschaften Erkundigun-
gen eingezogen habe. Fahrt von Lissabon am 26. nach Las Palmas ist
wahrscheinlich.-

Lissabon, 24.4.1926.

Und auch heute weiss ich noch nicht mehr. Die Bureaux der Schiffs-
gesellschaften sind heute Nachmittag und morgen Sonntag geschlos-
sen – so werde ich wohl erst in Las Palmas entscheiden können, welche
Route ich heimwärts nehme. Dort kommen wir am 29. an und es wird
sich zeigen, ob wir Kajüten auf einem holländischen Dampfer nach