An A. S., Berlin.
Wien, 14.2.1926.
Mein Liebes –
wir sprachen uns vor einer Stunde telefonisch und das
Gespräch hat die Entfernung, die ich nicht nur äusserlich empfand, ent¬
schieden vermindert.– Könntest Du nicht manchmal so nette Einfälle ha¬
ben, wie viel leichter wäre das Leben!
Ja – ich habe in meinen letzten Briefen wenig oder gar
nichts von mir gesprochen, denn Du hast in Deinen Briefen, die nur
Berichte waren, nicht ein einziges Mal gefragt, was ich tue oder denke,
bist auf nichts eingegangen, was ich erwählte und – Du kennst mich ja
da hab ich mich gleich in mein Schneckenhaus zurückgezogen, von dem
schon im »Abhang« zu lesen ist. Nun lasse ich schon alles für den münd¬
lichen Bericht.
Vorgestern sprach ich u.A. den Benedikt telefonisch, der
mir versprach die »Redoute« womöglich nächsten Sonntag zu beginnen und
auf zweimal zu bringen. Aber ich glaub nicht recht daran. Er war sehr
charmant, äusserte sich begeistert über die »Anastasia« und sagte, er
würde mich gern wieder einmal sehen.
Die Verhandlungen mit Barnowsky sind mir unverständlich.
Die Zusammenstellung »Else« und »Literatur« eine Lächerlichkeit. Er
soll, da die Bergner so zieht, einen Abend die »Else« geben und einen
zweiten mit »Literatur« und einem kleinen Strindberg-Stück. Letztere
Zusammenstellung war vor drei Jahren hier mit der Constantin. So hätte
er zwei Abende mit sicheren Einnahmen. Die Berg[n]er könnte übrigens auch
sehr gut in den »Schwestern« spielen.
Den heutigen Zeitungen nach scheint die Burgtheater-Krise
wieder im Abflauen. Nächsten Sonntag um 4 Uhr ist die »Komödie der
Worte« im Volkstheater.
Gute Heimfahrt, mein Kind, bringe guten Willen und gute
Gedanken mit und lass unser Wiedersehen ein gutes und frohes sein.
Es umarmt Dich innig Deine C.K.