Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 18. Oktober 1925

Für heute Mittag steht also noch eine Unterredung mit Barnowsky
bevor, die sich recht lang hinziehen dürfte. Das eine ist mir jedes¬
falls schon klar: so gern ich unter ruhigen, sozusagen touristischen
Verhältnissen mit Dir einmal in Berlin sein möchte, ein Zusammen¬
sein, wenn ich beruflich hier zu thun habe, hätte wenig Sinn. Wir
hätten einfach nichts von einander (und daher weniger als nichts).
Und wann ich das nächste Mal hier sein werde (in diesem Augenblick
ist wie Du weisst noch nichts bestimmt), kommen noch die Proben
dazu (Dauer bis 4,5, wie mir Barnowsky sagt). Zum Arbeiten bin ich
hier begreiflicherweise nicht gekommen – hoffentlich gerat ich
nach meiner Rückkehr bald wieder hinein; ich habe eine solche
Sehnsucht darnach – denn so anregend und, wie mir scheint auch viel¬
versprechend, mein Hiersein diesmal war und ist, und so viel Freude
ich insbesondere an Heini gehabt habe und habe; – es ist doch eine
recht zerstreute und ermüdende Existenz, die man nicht sehr lange
ertragen könnte.–Heute Abend Liebelei, um sie einmal als Publikum
zu sehen; – dann mit Heini und Fehling zusammen. Das heutige Mittag¬
essen bei Michaelis habe ich wegen Barnowsky abgesagt; – ich hätte
dort mit Lina Lossen und der Fein zusammenkommen wollen (die immer
noch um die Aurelie herumschleicht, – und nach vielfacher Ansicht
immerhin noch die beste wäre) – Heute werde ich vor dem Theater
eventuell noch Albert (im Sanatorium) und Pieterkovsky besuchen
(die mich durch Heini immer wieder auffordern lassen). Ohne Autos
(die seit März um 25 Pfennig billiger geworden sind) wäre das alles
nicht durchzuführen. – Körperlich gehts mir, abgesehen von dem Ohr,
das mich hier begreiflicherweise noch mehr geniert als in Wien, ganz
gut.

Mittwoch also dürft ich in Wien sein. Der Zug kommt glaub ich um
½ 11 an, um die Mittagszeit etwa ruf ich an. Ich hoffe Dich in keiner
zu übeln Stimmung anzutreffen, – und freue mich mehr auf Dich als

ich (– na Du weißt es ja) sagen oder gar schreiben kann. Ich umarme
Dich zärtlich. Dein A.