Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 14. September 1925

An A.S. nach Florenz.

Wien, 14.9.1925.

Liebster,

Samstag erhielt ich Deinen ersten Brief, heute, als ich von
der Stadt nachhause kam, dein zweites Schreiben vom 12. Ich habe eigent¬
lich gar nichts zu berichten, denn die Unterhandlungen mit Tapezierern,
Zimmerputzern etc., Besuche bei alten Tanten können Dich wenig interes¬
sieren. Ausserdem hatte ich beim Zahnarzt zu tun und schau täglich
in das Bureau der Neuen Freien Presse. Aber auf 2 An[n]oncen habe ich im
Ganzen zwei unbrauchbare Zuschriften bekommen, was mich einigermassen
deprimiert.

Es tut mir auch unendlich leid, dass ich hier heraus ge¬
zogen bin, was unter den gegebenen Umständen ganz sinnlos ist. Ich
hätte die Absage von Kramer als einen Wink des Himmels ansehen sol¬
len; ich friere masslos, sitze allabendlich allein in dem kleinen eis¬
kalten Zimmer, muss täglich mit der Elektrischen in die Stadt und
frage mich wozu das alles?! Wenn ich mit jemanden telefonieren will,
muss ich 2 Stock hinunter und herauf laufen. »Regina« wäre viel bes¬
ser gewesen und wenn ich nicht Unannehmlichkeiten mit Kramer befürch¬
tete, würde ich davon gehen.

Frieda P. ist auch noch nicht hier, wahrscheinlich war
sie rechtzeitig über Deine Reisepläne unterrichtet und bleibt
länger fort. So kann ich leider auch nicht diktieren. Du siehst also,
dass ich bisher weder etwas Angenehmes noch etwas Heiteres zu berich¬
ten habe und nur von Sorgen für die nächste Zeit erfüllt bin. Aber
irgendwie werde ich mir schon mein Leben zurechtdeichseln.

Ich danke Dir noch sehr für Deinen lieben Bericht, freue
mich, dass Dich der dortige Aufenthalt so vollauf befriedigt und wün¬
sche Dir weiter viel Vergnügen und gute Heimkehr. Eine herzliche Um¬
armung von Deiner

Clara Katharina.