Tagebuch-Auszug Riva 1925
Riva, 14.8.1925.
Heute Früh hat mich Carry nach 12tägigen Zusammensein verlassen. Sein
Urlaub ist zu Ende und er fährt über Madonna heim nach Wien. Wie
gern hätte ich den lieben Buben noch länger hier gehabt. Nun bin
Ich ganz allein und warte auf das Wiedersehen mit A. Gestern kam
ein Telegramm von ihm, ich soll in Riva seine Nachricht abwarten
und er hoffe mich Montag in Bozen wiederzusehen. Ohne dieses Tele¬
gramm wäre ich mit Carry nach Madonna hinauf und einstweilen dort
geblieben. Diese Reise nach Riva ist eine Hochstapelei von Carry
und mir gewesen, denn sie ist gar nicht im Rahmen unserer Ver-
hältnisse. Aber der Bub sollte die wenigen Tage wirklich geniessen,
etwas Neues sehen und ich wollte gern mit ihm zusammensein, weil wir
ja den ganzen Winter nicht unter einem Dach gelebt haben. Es war ein
harter Winter (im Hotel Regina). Auch mit A. gab es tiefgehende
Differenzen und es ist eigentlich merkwürdig, dass wir über diese
mehr zu einander gefunden haben denn je. Ich schreibe das ungern
nieder, denn ich fürchte das »Verrufen« und ich weiss ja auch, dass
es immer wieder Differenzen zwischen uns geben wird. Das liegt in
der ganzen Situation, in der lächerlichen Stellungnahme dieser Frau,
in seinem Wesen und in meiner Empfindlichkeit. Aber unsere gemein¬
same Reise im Juni war schön (über diese Zeit führte ich ein kurzes
Reisetagebuch), aber noch viel schöner die Zeit, wo ich im Cottage,
in der Pension Kremer in seiner Nähe wohnte. Es ist immer die glück¬
lichste Zeit, wenn er allein in seiner Villa ist und Lilly bei ihrer
Mutter. Wir waren fast täglich zusammen, ich war viel bei ihm, was im
Winter immer mit Peinlichkeiten verbunden ist. Da waren zwei Mond¬
scheinnächte, die in der Geschichte dieser Liebe ruhen, wie Perlen in
einer Muschel.
Am Abend vor meiner Abreise blieb ich bei ihm zum Abend¬