Arthur Schnitzler an Clara Katharina Pollaczek, 9. August 1925


diesen Brief abschliessen und dann weiterarbeiten. Vormittag war ich
auf der Latemarwiese.–Ein weitgedehntes vielfach gewelltes Plateau mit
wundervollem Rundblick. Dort lag ich eine Weile und sandte Dir sehr
innigen, einen aber nicht sentimentalen Gruss über die Berge an den Gardasee. Auf dem Rückweg
aber – es klingt wie eine Anekdote, – erhebt sich eine ebenso rundliche
wie ältliche Dame, die unter einem Baum geruht hatte (und mir schon
auf dem Hinweg verdächtig gewesen war), kugelt sich mir entgegen, stellt
sich mir als Frau Coblenz aus Köln vor und lädt mich ein in Köln für
eine Freimaurerloge Bene Brieß (auch in Wien hat diese übrigens
sehr wohltätige Loge eine Filiale) eine Vorlesung zu halten – auf der Latemar-
wiese! – Und neulich auf der Ostertaghütte – dankte mir eine Dame für
ein Autogramm, das ich ihr vor Jahren auf die Bitte meiner Schwester
gegeben hatte. -

Die Wahrscheinlichkeit dass ich mit Heini Sonntag nach Bozen, und von
dort weiter in die Schweiz fahre, bleibt bestehen. Und hast Du schon
weiter etwas für die Zeit nach dem 15. bestimmt? -
Ich küsse Dich tausendmal und bin in zärtlichstem Gedenken Dein A.