Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 9. August 1925


schwarzes Abendkleid an, mein schwarzes spanisches gesticktes Seiden¬
tuch umgeworfen und dürfte mich zwischen meinen zwei eleganten Herren
ganz gut ausgenommen haben. Carli tanzt auch nicht, weil ihm bisher
kein Mädel gefällt.

Ich habe seit gestern endlich ein anderes Zimmer, das
nach Osten geht und sehr nett eingerichtet ist. Aussicht gegen die
Berge und in der Richtung nach Torbole. Man sieht auch ein Stückerl
See.

Das Stubenmädchen, das mich sehr liebt, sagte mir, dass
bisherige Zimmer sei ein Courirzimmer (Dienerzimmer) gewesen und
sie habe nicht begriffen, dass ich so lange dort geblieben bin.
Man wird eben immer und immer betakelt. Sie geben einem das Schlech¬
teste und hält man es nicht aus, muss man eben mehr zahlen. Dieses
Zimmer kostet 65 Lire. Ein grosser Fehler dieses Hotels ist, dass
Doppeltüren fehlen und man daher beim Einschlafen so oft durch Läu¬
ten, zufallende Türen etc. aufschreckt.

Das Wetter ist fabelhaft, viel wärmer als in den ersten
Tagen und doch nicht unerträglich. In Brioni vor 4 Jahren war es
ungleich heisser. Ich war heute wieder im Bad und habe mich dann
lange gesonnt. Ich bin schon sehr braun.

Jetzt will ich ein wenig zu arbeiten versuchen. Ich
war bisher grenzenlos faul. Auch war mir der Aufenthalt in dem bis¬
herigen Zimmer zu unangenehm.

Was hast Du zum Arbeiten mit? Hast Du die »Traumnovelle«
für mich mitgenommen? Ich freue mich schon so schrecklich auf das
Vorlesen.–Lebwohl, mein Liebes, es ist eben eine Woche her, dass wir uns
zuletzt geküsst haben -.

Ich umarme Dich Deine C.K.