Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 9. August 1925

Riva, Sonntag, 9.8.1925.

An A.S., Karersee.

Liebster,

gestern Abend (Samstag) kam Dein Mittwoch-Brief aus
Wien und die Ankunftskarte vom Karersee. Die Postverbindung ist un¬
wahrscheinlich schlecht und ich möcht schon gerne wissen, dass alle
meine Briefe in Deinen Händen sind. Und so viel anderes möchte ich
wissen – - – Na, hoffentlich morgen Früh!

Gestern Nachmittag fuhr ich mit Cari in einem
Wägelchen nach Torbole, wo wir auf der sehr schönen Terrasse Thee tran-
ken. Das Hotel ist mindestens ebenso schön wie das hiesige, vielleicht
weniger pflanzig aber komfortabler. Die Lage von Torbole und von
dem dortigen Hotel viel schöner, weil unmittelbarer am Wasser. Man
sieht weit in den offenen See hinaus, während wir hier im Hafen lie-
gen. Ich habe mir auch dort die Zimmer angesehen. Sie sind hübsch
und appetitlich eingerichtet und haben fliessendes Wasser, was hier
fehlt. Einbettzimmer gehen alle in den sehr schönen Park und kosten
65 Lire. Gardone ist vielleicht später mondäner und überhaupt mehr
Kurort. Sympathischer als Sommeraufenthalt ist Torbole. Ich habe
nach Dora Michaelis ausgespäht, die ich sicher erkannt hätte, da ich
sie ein oder zwei Mal bei Miss Timmon sah, aber ich habe sie nicht
entdeckt. Wir gingen dann zu Fuss nach Riva zurück. Unterwegs
tra[f]en wir Julian Sternberg mit Gattin und einem Herrn. St. blieb
stehen und begrüsste mich sehr freundlich. Sie wohnen in Torbole.

Ansonsten ist zu berichten, dass der »Kirchenvater«, wie
Carli und ich ihn nennen, sich seit er mich kennt, allabendlich
in einen Smoking stürzt. Ich behandle ihn eher schlecht, was ihn aber
noch nicht abschreckt. Gestern Abend sassen wir bis 11 Uhr bei dem
Tanzplatz im Freien und schauten zu. Die Jazzband ist ausgezeichnet
und die tanzenden Pärchen sind schrecklich ordinär. Ich hatte ein