Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 6. August 1925


heisst, was sie tun.

Ich benütze diesen stillen Nachmittag, um Dir diesen
riesig langen Brief zu schreiben. Ich denke, Samstag kann der erste
Brief vom Kararpass-Hotel hier sein, ich erwarte ihn mit grosser Un-
geduld. Schreib mir nur alles, wovon Du glaubst, dass ich es wissen
möchte. Ich bin auch schon neugierig auf Deine weiteren Pläne.

Das Hotel hier sieht im ersten Moment viel besser aus,
als es eigentlich ist. Das Essen ist wie im »Spendid« oder am Lido
im Hotel des Bains seinerzeit und in Brioni. Der Direktor ausser-
ordentlich unsympathisch, sieht wie ein hakenkreuzlerischer Turnlehrer
mit Bart aus. Sein Stellvertreter ist ganz nett (dürfte ein ehemaliger
Offizier sein.) Ich wende mich an ihn, wenn ich etwas brauche.

Carli will am 15. von hier nach Madonna di Campiglio
hinauf, dort übernachten, am nächsten Tag nach Bozen und von dort nach
Wien.

Was ich tue, weiss ich nicht. Erst wenn Deine Pläne
feststehen, mache ich Programme und lege sie Dir vor. Je früher
Du mir Deine Absichten mitteilst, desto lieber ist es mir natürlich.-
Wenn das Wetter gut ist wollen wir morgen mit dem Schiff um sieben
Uhr Früh nach Gardone und kommen erst um 5 Uhr Nachmittag zurück.
Die Verbindungen sehr sehr dumm zusammengestellt. Sollte das Wetter
unsicher sein, so fahren wir nach Torbele und lassen Gardone auf
den nächsten schönen Tag.

So, jetzt ist es ½5 Uhr geworden, der Regen hat aufgehört,
die Luft ist ganz schön, und ich will einen einsamen Spaziergang ma-
chen. Ich muss immer an das Karerpass-Hotel denken – ich sehe das
Gastzimmer, in dem wir den starken Schnaps tranken, um uns zu erwärmen-

Hat Herr Steffeneli nach mir gefragt? Der wird sich
auch nicht mehr auskennen. – Lebwohl, Liebster, ich küsse Dich innig
auf Deinen lieben Mund. Deine

Clara Katharina.