Clara Katharina Pollaczek an Arthur Schnitzler, 6. August 1925


aufgehört habe.

Ich habe um ½10 Uhr gefrühstückt, mich über Karl geärgert,
der um 10 Uhr noch im Bett lag, bin in die Stadt gewandert, in die
Bank, um Geld zu holen in die Apotheke, Mittel gegen Mückenstiche be-
sorgen. Ich habe am linken Arm allein 12 Beulen und zwei Stiche im
Gesicht – du kannst dir denken, wie wütend ich bin. Man gab mir ein
Zitronenöl, mit dem man sich in der Nacht Gesicht und Arme einreiben
soll, um durch den Duft die Mücken abzuhalten. Vederemo: Um ½12 war
ich im Bad. Der erste Moment übertaucht, war es sehr angenehm und
tat mir ausgesprochen gut. Ich verstehe übrigens nicht, wie das kommt;
während ich im Wasser ganz rote Wangen bekomm, gar nicht friere und
nachher ein wundervolles Gefühl habe, wird Karl grasgrün und klappert
mit den Zähnen. Und wenn er nachher schon eine Viertelstunde in der
Sonne liegt, so hat er noch eine grüne Haut und zittert. Meine Ermah-
nung nicht lang im Wasser zu bleiben, stösst natürlich auf Widerspruch.
Es ist überhaupt sehr schwer mit einem so erwachsenen Menschen, und
unser Beisammensein lange nicht so erfreulich, wie ich gedacht habe.

Gestern erzählte eine Dame, dass der Ausflug an den Ledro-
See sehr schön sei, dass aber die Strasse sehr sehlecht, sehr schmal,
teilweise noch unfertig ist. Daraufhin erklärte Karl diese Fahrt ma-
chen zu wollen. Als ich anderer Ansicht war, wurde er gereizt und ich
sagte ihm, dass er tun solle, was er für gut hält, da er ja ein er-
wachsener Mensch sei, dass ich aber keinefalls mitkomme, meine Nervosi-
tät ihm und mir die Fahrt verderben würde. So ist er heute trotz
völlig unsicherem Wetter um 3 Uhr fortgefahren. Ich kann nicht sagen,
dass mich das freut. Ich glaube, selbst die besten Kinder haben eine
Art Feindseligkeit gegen die Eltern und was noch betrüblicher ist, -
sie wittern immer Feindseligkeit bei uns, wenn man nicht alles gut